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Über den Sumpf und sein „anliegen“

Zur Demonstration vom 13.2.2012 in Würzburg

Immer wenn in Würzburg einmal ausnahmsweise etwas richtiges geschieht, wird man erleben, dass ein bestimmtes Milieu alles tun wird, um es zu verhindern. Dieses Milieu besteht aus angeblich wohlmeinenden Menschen, caritativ und sozial engagiert, auch irgendwie links, mehr oder weniger, und es spannt sich von der KHG zur Linkspartei, von Teilen der Antifa zur ÖDP. Die Personen wechseln, die Strukturen bleiben. Dieses Milieu entspricht mehr oder weniger dem, was wir gewohnt waren, den Sumpf zu nennen, und es erstreckt sich aus Gründen, die sich jeder Begreifbarkeit entziehen, von an sich irrelevanten Grüppchen, die öffentlich nicht einmal einen Namen haben, zu einer gewissen Schicht von Leuten, deren „gesellschaftliches Engagement“ sie zu einem festen Bestandteil der Vorzimmer der Verwaltung gemacht haben; aus welcher Kombination dieses Milieu einen gewissen Abglanz von Relevanz zu beziehen scheint, der seine paradoxe Existenz erleuchtet.

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Das Milieu lebt vom Zustrom von immer enthusiastischen Studenten, die sich zwischen dem Wunsch, etwas zu sein und zu tun einerseits, und dem Unwillen, wirklich gegen die Ordnung der Dinge sich zu stellen, nicht entscheiden wollen; diese Grundlage ist der beste Boden für jeden weiteren Selbstbetrug. Das macht diese Studenten so unentbehrlich für dieses Milieu. Das Milieu füttert sich diese Studenten gezielt heran, durch Angebote für fast kostenloses, jedenfalls folgenloses Engagement. Der Handel lohnt sich für beide Seiten: die Studenten gewinnen etwas für ihr schwaches Ego, eine geliehene Relevanz, vielleicht erste Berufserfahrungen; im Gegenzug stellen sie das fast beliebig formbare, manipulierbare, unerfahrene, aber begeisterungsfähige und ebendeswegen völlig skrupellose Material, das vor allem diesen Handel ohnehin nur auf beschränkte Zeit eingeht; das von allem, was vor ihnen war und nach ihnen sein wird, nichts wissen will; das das Spiel nur spielen, aber nicht durchschauen will. Der verfestigte, arriviertere Teil des Milieus hingegen verfügt nach Belieben über die Kontinuität der Information, das Netzwerk der Bekanntschaften, und den Zynismus, der dazugehört, das Spiel am Laufen zu halten. So ist es überall, auch bei den unseren, und wird es immer sein, solange es immer neue Studenten gibt, die das Spiel mitspielen, ohne die Regeln und die Zwecke auch nur kennen zu wollen, nach denen und für die es gespielt wird.

Man halte sich deswegen von jedem Milieu fern, in dem enthusiastische Studenten vorkommen. Sie sind das untrügliche Anzeichen des Falschen. Wir haben lange über die Zögerlichkeit und Lethargie der unseren gesprochen; vielleicht haben wir uns geirrt. Vielleicht ist in der Lethargie ein Einwand gegen das Milieu und seine Art der Betriebsamkeit enthalten, den wir nicht nach Verdienst gewürdigt haben. Aber die Lethargie ist niemals die richtige Antwort gewesen, nur ein stumpfer und hilfloser Reflex. Dabei kann es nicht bleiben, und vor allem jetzt nicht mehr. Liebe linke Szene in Würzburg: heute und immer müsst ihr euch wohl entscheiden.

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Die Nötigung, sich zu entscheiden, ist auch dieses Mal wie von aussen gekommen; ein iranischer Asylbewerber namens Mohammad Rahsepar hatte sich in der GU Würzburg umgebracht, und eine Gruppe von anderen iranischen Flüchtlingen hatte beschlossen, das nicht einfach so geschehen sein zu lassen, sondern zum Anlass zu nehmen, gegen die Verhältnisse anzugehen, unter denen er sich umgebracht hatte.

Ich weiss nicht, was es mit diesem Würzburg auf sich hat, dass es immer erst Suizide sein müssen, die zu Brüchen, Entscheidungen, Veränderungen nötigen, und dass auch dann mit nichts gebrochen und nichts verändert wird. Vieles lässt sich nicht ohne weiteres verändern, ich weiss. Aber manches schon. Vor allem unter denen, die es sich leisten können und die nicht besonders am Rand stehen. Aber es scheint einfach zu verlockend zu sein, dass ja alles immer weitergeht. Dass die Toten vergessen sein werden, erschreckt die Lebenden nicht mehr, vielleicht gerade weil die Toten bald vergessen sein werden. Die Szene, in der wir uns einmal herumgetrieben haben, hätte allen Anlass, sich etwas besseres gesagt sein zu lassen. Der Tod ist immer sinnlos, aber das färbt auf das Leben ab, wenn man sich nicht vorsieht; oder es ist schon geschehen.

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Auf den Suizid von Mohammad Rahsepar, den ich nicht gekannt habe, und vor allem auf die Schlüsse, die die daraus gezogen haben, die ihn gekannt haben, kann es bei Leuten wie uns nur eine Reaktion geben, und nicht etwa zwei. Über die Modalitäten könnte man sich verständigen, und das ist geschehen. Ob alles gut gelaufen war, bevor die Frage uns erreichte, ist eine andere Sache, an der man nicht mehr viel ändern kann.

In der GU Würzburg wurde über eine Trauer- und Protestkundgebung für den 13.2. diskutiert, und, wie ich vermute, keine besonders weitgehende Einigkeit gefunden; insbesondere gab es verschiedene Auffassungen darüber, inwieweit der Protest sich auf die asylrechtliche Situation beschränken oder inwieweit er die Verhältnisse im Iran, vor denen er geflohen war, zum Thema haben müsste. Zuletzt organisierten einige Iraner eine Demo, auf der u.a. Mina Ahadi sprechen sollte, eine prononcierte Atheistin und Linke. Daneben begannen Flüchtlinge damit, die elenden Rationen mit Nahrungsmitteln nach dem Asylbewerberleitungsgesetz zu boycottieren und stattdessen zu Spenden aufzurufen; eine sehr richtige Massregel, den etwaigen Unterstützern ausserhalb der GU alle Mittel in die Hand zu geben, um das verbreitete caritative Engagement in Kanäle zu leiten, in denen es wirklich einmal Sinn machen könnte: nämlich eine durchaus politisierte Spendensammelkampagne, die Bewusstsein hätte schaffen können für die irrsinnige und inhumande Praxis der sog. Sachleistungen; sogar, im Erfolgsfalle, die Verwaltung ernsthaft hätte blamieren können. Dieser Gedanke war so einfach, so naheliegend, so richtig, so realistisch und so angemessen, dass er in Würzburg einfach nicht funktionieren konnte, gerade weil er so völlig vernünftig und den Möglichkeiten angemessen war.

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Denn das Milieu ist nicht caritativ, insofern es politisch, und nicht politisch, insofern es caritativ ist. Es hat keineswegs die Schlüssel zum Problem in der Hand, wie man unter den gegeben Umständen etwas sinnvolles tun könnte, sondern es lebt gerade davon, dass niemand diesen Schlüssel hat. Es verwaltet, ohne nennenswerte Bezahlung, die sinnlosen Möglichkeiten, und weiss das.

Die dargebotene Möglichkeit, über alle Differenzen hinweg die vorgeblich gemeinsame Sache zu betreiben: massiv Spenden zu sammeln, notfalls in der Fussgängerzone, massiv für die Belange der Flüchtlinge zu werben, die in diesem Boycott nicht als Objekte der Fürsorge, sondern als sich wehrende Subjekte, als handelnde Personen sichtbar werden; das hat man ausgeschlagen. Die Differenzen in den GU über die Demo aber, die sich vielleicht hätten ausräumen lassen, auf denen hat man bestanden.

Aber es ist doch völlig normal, dass es in einer Einrichtung wie einer GU verschiedene Auffassungen gibt! Völlig verschiedene Leute, die nur administrativ vom bayerischen Staat in dieselbe Kaserne gezwängt werden, werden trotzdem völlig verschiedene Auffassungen haben, und sich zu völlig verschiedenen Parteien halten. Wer hätte, unter halbwegs normalen Bedingungen, das Recht, der einen Partei, mit der wir zufällig sympathisieren, die Betätigung zu versagen? Unbenommen des Rechts jeder anderen Partei, natürlich; aber ich sehe nicht, wo dieses hier betroffen wäre.

Die von einer Partei unter den Flüchtlingen organisierte Demo traf aber gerade unter dem Teil des Milieus, das sich mit der sog. Flüchtlingsarbeit befasst, auf erbitterten Widerstand, und zwar einerseits im Namen der Einheit; genauer gesagt unter dem Vorgeben, es schade der Sache der Flüchtlinge, wenn „draussen“ die Nachricht umginge, sie sprächen nicht mit einer Stimme. Wir werden sehen, wer diese Nachricht am nachdrücklichsten verbreitet hat.

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Der Konsens, der hier beschworen wurde, lief auf nichts anderes hinaus, als der Partei der entschiedenen Linken unter den Iranern das Maul zu stopfen. Auf sonst gar nichts. Das Antifa-Bündnis „Antifa Teheran“, das bestimmt nicht im Ruf steht, für uns zu arbeiten, schreibt hierzu: „Die exiliranische Szene in Deutschland ist es, insbesondere die „Internationale Föderation iranischer Flüchtlinge“, die dieses Thema erfolgreich skandalisiert hat.“(1)

Genau dieser Arbeit war das würzburger Milieu entgegengetreten, mit aller Entschlossenheit. Warum und wozu, das wissen die Götter. Frau Eva Peteler schrieb in einer Rundmail, und die Organisatorin der würzburger „Montagsspaziergänge“, Frau Jenifer Gabel, hatte nichts eiligeres zu tun, als es zu veröffentlichen (!): „[…] eine organisation, die sich auch auf mehrmaliges nachfragen vieler im lager nicht offen zu erkennen gibt und auf deren aufruf und mobilisierung man nur im internet stößt, die einen flüchtling (!!!) billigend gefährdet, indem er die demo anmelden soll und damit verantwortlich zeichnet mit allen konsequenzen, die sich nicht schert um die meinungen und den widerstand der meisten menschen in der GU, um die es eigentlich gehen sollte, die hier fremde, nicht bestellte, den meisten flüchtlingen unbekannte hauptredner von außen sprechen lassen will und klar auf einem weltanschaulich nicht neutralen boden steht, kann für sich nicht in anspruch nehmen, für die flüchtlinge hier zu sprechen, verfolgt ganz klar ihre eigenen ziele an den bewohnern der GU vorbei, kann das anliegen und der positiven öffentliche aufmerksamkeit gegenüber den flüchtlingen aufs spiel setzen. […]“.

Diesen prächtigen Satz kann man mehrmals lesen, und kein Ende nimmt die Wunderwelt seiner logischen Inkonsistenzen: eine Organisation von aussen, die sich hereindrängt und den Flüchtlingen ihren Protest wegnimmt, aber dann doch rätselhafterweise ausgerechnet einen Flüchtling losschickt, um die Sache zu organisieren; eine Organisation, die nebelhaft und unbekannt ist, aber doch dem Namen nach bestimmt, nämlich die eben genannte Internationale Föderation iranischer Flüchtlinge, die allerdings Frau Peteler tatsächlich unbekannt sein mag; Aufrufe im Netz, die unter anderem von ganz anderen Organisationen stammen, unter anderem von der Redaktion dieses Heftes, und als deren Urheber sich „zu erkennen“ zu geben von der IFIR auch etwas viel verlangt gewesen wäre; die schöne Stilblüte der „fremden und nicht bestellten“ Hauptrednerin, bei der mit Frau Peteler etwas durchgegangen ist, wofür wir ihr empfehlen, sich zu schämen (eine den meisten Bewohnern unbekannte Hauptrednerin, die aber im weiteren Verlauf unter den Bewohnern auf einmal heiss umstritten sein wird; wie das wohl zugegangen sein mag); das „anliegen“, das einmal ein Anliegen gewesen sein mag, von dem sie sich aber nicht zu sagen getraut, wessen es denn ist; weswegen die verhauene Logik notwendig als verhauene Grammatik erscheinen muss. Ach, ein Meisterwerk, und Frau Gabel musste es arglos auf Facebook veröffentlichen.(2)

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Die mit der IFIR sympathisierenden Flüchtlinge, die frevelhafterweise die Demonstration in eigenem Namen und auf eigene Gefahr organisierten, anstatt sich als die Organisation von aussen erkennen zu geben, die sie gar nie waren; die ihre eigene politische Tendenz äusserten, statt sich von religiösen Afghanen oder irgendwem sonst aufhalten zu lassen, und schon gar nicht von Frau Peteler: sie gefährdeten das „anliegen“, wenn schon nicht ihr eigenes, so doch das von Frau Peteler, die sich ganz klar und kalt das Recht herausnimmt, die politische Betätigung der Flüchtlinge zu zensieren; zu entscheiden, wer ausser ihr das Recht hat und nicht hat, in deren Namen zu sprechen; und die öffentlich-nichtöffentlich dazu aufrufen kann, ihre Demonstrationen nicht zu unterstützen, weder durch Wort noch durch Tat; was man ihr selbstverständlich aufs Wort glaubt, weil sie schon so lange die Flüchtlinge „betreut“, dass sie deren „anliegen“ ganz sicher besser kennt als diese selbst.

Frau Peteler und ihre Hilfspersonen hatten den Iranern vergeblich versucht, die Demo auszureden, mit dem Argument, wie schlecht die Flüchtlinge dastünden, wenn sie uneinig erschienen; schon darin war eine Drohung angelegt; wer aber am Tag der Demo selbst dem Bayerischen Rundfunk erklärte, dass die Mehrheit der Flüchtlinge die Demo nicht unterstütze, das war Frau Peteler; die sich nicht schämte, die ihr sehr genau bekannten Organisatoren der Demo, Bewohner der GU Würzburg, ein weiteres Mal, und diesmal öffentlich, als verdächtige Elemente hinzustellen, von denen man nicht wisse, von wannen sie kommen: „Den meisten Flüchtlingen sind weder die Initiatoren dieser Demonstration bekannt, noch ihre Forderungen und Ziele“(3). Oder das hier, das dem BR wohl auch Frau Peteler eingeflüstert hat: „Sie wollen in Ruhe ihre Trauer verarbeiten und nicht, dass dieses Einzelschicksal instrumentalisiert wird.“ Einzelschicksal! Instrumentalisiert! Es wäre ja noch schöner, wenn der Tod eines Menschen, der vor dem iranischen System geflohen und in der deutschen Asylverwaltung zerbrochen ist, dazu genommen würde, als Argument gegen dieses System und jene Verwaltung zu dienen. Nein, folgenlos soll der Tod sein, sinnlos, aber beileibe nicht „instrumentalisiert“ werden. Schon gar nicht von den geheimnisvollen Hintermännern der Demo, nämlich denjenigen Bewohnern der GU, die sie organisiert haben.

Die Flüchtlinge, so wollen es ihre wohlmeinenden guten Freunde, sollen sich nur dann zu Wort melden, wenn sie sich qua Flüchtling zu Wort melden, wenn ihr „anliegen“ dem entspricht, was ihre „ehrenamtlichen Betreuer“ für richtig halten, wenn sie untereinander völlig einig sind, das heisst ganz und gar reduziert sind auf ihren Status als Asylbewerber, blosses Objekt der „Betreuung“, untereinander nie uneins, da ohnehin keine Verschiedenheit zwischen ihnen stattfinden soll. Dass so gedacht wird, darf niemanden wundern, es ist die blosse Verlängerung der Logik des deutschen Asylrechts, oder was man wohl Asylrecht nennt. Aber diesmal sind sie hoffentlich einmal an die falschen geraten.

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Gewisse Hilfspersonen von Frau Peteler haben es viel schnörkelloser formuliert, als ihnen beim Versuch, den Organisatoren die Demo auszureden, Formulierungen entglitten wie diese, dass die Demo jetzt zu einem ganz ungünstigen Zeitpunkt käme, jetzt, wo man so gut mit der Anstaltsleitung stünde. „Man“, das heisst die „ehrenamtlichen Betreuer“, die offensichtlich ihr „anliegen“ von derselben Anstalt ernstgenommen wissen, gegen die ihre Bewohner sich wehren wollen; und zugunsten dieser illusorischen günstigen Position, die nicht ihre eigene ist, sollen die Flüchtlinge weiter schweigen. Die Logik ist ganz dieselbe wie die eines zahmen Betriebsrats, der kein Verständnis für den Unmut seiner Kollegen hat, wo er sich doch so gut mit der Geschäftsleitung versteht.

Es ist ganz natürlich, dass solche Personen aufgrund des Renommeè, das sie in ihrer aufopferungsvollen Arbeit sich erwerben, das Anrecht besitzen, dass ihnen jederzeit voll geglaubt wird; dass sie, hinter dem Rücken der Flüchtlinge wie vor Rundfunkmikrofonen, jederzeit den iranischen Flüchtlingen in den Rücken fallen können, aber unbedingte Glaubwürdigkeit geniessen, wenn sie auch noch auf diese Flüchtlinge deuten und ihnen die Schuld geben an der Uneinigkeit, an dem grossen Schaden, den das „anliegen“ zu nehmen droht. Das „anliegen“ und die Sache selbst, das sind nämlich zwei paar Stiefel. Und alle die, die auf den Lärm dieser Personen hereingefallen sind, kalte Füsse bekommen haben und von ihrem ursprünglichen, richtigen Impuls abgegangen sind, der hiess: die Flüchtlinge unterstützen, den Nachschub organisieren; alle die bitte ich herzlich, noch einmal genau nachzudenken, auf was für ein Spiel sie hereingefallen sind. Die Sache ist hoffentlich noch lange nicht zu Ende, und Hilfe wird immer noch dringend benötigt. Hier kann man tatsächlich einmal etwas richtiges tun.

Wer hat die iranischen Flüchtlinge alleingelassen? Wer hat pausenlos auf sie eingeredet, wer hat sie ihren Freunden und Unterstützern mit Andeutungen über unbekannte Organisationen verdächtig zu machen gesucht? Wer hat auf backchannels, von denen die Studenten nichts wissen wollen, alle Welt, von der gespenstischen Montagsspaziergängerszene bis hin zum offiziösen Ausländerbeirat, dazu aufgerufen, ihnen jede Unterstützung zu entziehen? Was haben unsere Antirassisten dazu zu sagen? Fällt ihnen vielleicht etwas auf, oder hat das Milieu ihnen schon das Gehirn angefressen?

Gegen den Sumpf in dieser Stadt helfen nur Kühnheit, Renitenz und Kritik. Wir danken den Iranern für die Lektion, die sie uns gegeben haben, und rufen alle dazu auf, sie zu unterstützen, und auch ansonsten diesem Milieu keinen Moment mehr Ruhe zu lassen. Liebe würzburger linke Szene! Heute müsst ihr euch entscheiden.

Anmerkungen

1 http://antifateheran.blogsport.de/2012/02/07/tote-fluechtlinge-und-deutsche-lippenbekenntnisse/
2 http://www.wuerzburger-montagsspaziergang.de/home/letter/Eintrage/2012/2/6_%2861%29.html
3 http://www.br.de/franken/demonstration-asylbewerber-wuerzburg100~_csn-1fcf0635-09ef-4fc0-89e6-ecec7518bc6e_-c95965fc6125093142a481dca28a92b0cdee1fb4.html

Halle an der Saale, 13.2.2012
Jörg Finkenberger

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Flugblatt in Farsi und Englisch

در سوگ محمد رهسپار

در فشار و غوغایی که هر روزِ این زندگی بر ما روا میدارد، در این گذار عمر که چنین شتابان در گذر است، برای بیان فاجعهای چنین ژرف، به سختی میتوان واژهای درخور یافت.
در روز 29 ژانویۀ 2012 محمد رهسپار، پناهندۀ ایرانی، در اردوگاه پناهندگی ورتزبورگ رشتۀ زندگانی خویش را از هم گسست.
ما از همگان میخواهیم که تنها برای لحظهای سر در گریبان فروبرده و در خلوت خویش به محمد بیاندیشند.
محمد رهسپار در اهواز به دنیا آمد. برای مدتی نان خویش را از راه خدمت در اردوی پلیس به خانه میآورد تا آنکه یک بار به سبب سرپیچی از فرمان، زندانی، شکنجه و اخراج شد. پس از آن بود که محمد، ترک یار و دیار نمود و به امید روز و روزگاری بهتر تن به غربتی ناخواسته داد و در آلمان، پناهندگی جُست. اما به عنوان یک پناهجو، حقوق شهروندی یک انسان آزاد و کوشا، مصرانه از او دریغ گردید. انسان به مثابه یک «سوژه» در سیستم سرمایهداری، «آزاد» است تا برای تامین نان روزانه، نیروی کار خود را بفروشد. اما محدودیتهای این آزادی که بازتاب یک تضاد ذاتی است، خود را به روشنی تمام آشکار میسازد: این آزادی شامل حال یک پناهجو نمیشود.
این که کمینههای تعیین شده (از قبیل استانداردهای بهداشتی، حداقل 7 متر مربع فضا برای هر نفر و …) رعایت نمیشوند، مشکل دیروز و امروز نیستند بلکه دیرگاهی است که این استانداردها در اردوگاههای پناهندگی آلمان زیرپا گذاشته شدهاند. با پادگانی کردن زندگی پناهندگان، هرگونه شوق و نشاط از آنان سلب میگردد به گونهای که محیط اطراف به مراتب ملالآورتر از جهنمی میگردد که از آن گریختهاند. دولت آلمان پناهندگان را نمیکُشد اما اینجا و آنجا کمک میکند تا آنان خود راه مرگ را برگزینند. محمد همواره گلایه میکرد: «نمیتوانم تمام مدت در اتاقم بمانم.» به گونهای روزافزون نیز از محیط اطراف تحت فشار بود تا آنجا که از زندگانی خود سیر شد.
نومیدی و یاس چنان بر محمد غلبه یافت که حتا ـبا آگاهی به مخاطراتی از قبیل زندان و شکنجههای روحی و جسمی و حتا اعدام که در رژیم ملایان او را تهدید میکردـ درخواست بازگشت به ایران را داده بود. امروز در اروپا فراموش شده است که چه غوغایی در سال 2009 در ایران برپا گردید و پس از آن سکوت قبرستان بر این سرزمین حکمفرما گشت. اعتراضات تودهای علیه «انتخاب» دوبارۀ احمدینژاد تا سرحد یک انقلاب فراگیر گسترش یافت که تمامیت رژیم را مورد تهدید قرار داده بود. امروز اوضاع آرام شده است اما نه به سبب از بین رفتن «شرایط رادیکال» (مارکس) بلکه به علت بیرحمی و شقاوت رژیم در برخورد سرکوبگرانه با معترضین. مردم ایران در شرایط «ترس دائم» زندگی میکنند زیرا هرکه از نرمهای تحمیلی کمترین انحرافی یافت (از قبیل همجنسگرایی، خیانت در زناشویی و …) بیدرنگ در میدانهای عمومی اعدام یا سنگسار میشود.
گریز از این جهنم هول و دستیابی به یک زندگی درخور شان و کرامت انسان، اکنون آرزوی بسیار کسانی همچون محمد رهسپار میباشد. این که چنین پایانی بر آن رقم زده میشود، باعث تاسف عمیق ما است و بدین وسیله میخواهیم مراتب همدردی خود را با همسر داغدیده، پسر هشتساله، خواهر و تمام دوستان و بستگان او ابراز داریم با آنکه میدانیم این همدردی چیزی از عمق فاجعه نمیکاهد.

در سوگ نشستگان: جمعی از دوستان به حاشیه رانده شدۀ منفرد و تنها. فوریۀ 2012

Neocommunist_innen (http://neocommunistinnen.wordpress.com)
Das grosse Thier (https://dasgrossethier.wordpress.com/)
Cosmoproletarian Solidarity (http://cosmoproletarian-solidarity.blogspot.com/)

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Against the background of the bustle of our everyday life, and the pace with which our life rushes past us, we can hardly find the right words, any clear thoughts to rightly handle what has happened. On January the 29th 2012, Mohammad Rahsepar, refugee from Iran, took his own life in the Wurzburg Refugee camp (the former „Adolf Hitler Barracks“), out of desperation. We kindly ask you to pause for a moment, and commemorate Mohammad Rahsepar.

Mohammad was born in the Iranian city of Ahvaz. For a while, he earned his living as a policeman, until the day he refused to obey orders. As a result, he was tortured by the Islamist regime of Iran, had to flee Iran leaving his beloved ones behind, and finally he applied for political asylum in Germany. He hoped for a better life in Germany, but as a political refugee he is vehemently denied the existential right to be a citizen with active civil rights.
Human beings as subjects under the rule of the capital only have the freedom (if it exists at all) to sell their manpower. By doing so, they become able to reproduce their manpower through the comsumption of goods they can freely choose. The narrowness of this capitalist freedom is only too evident. But the refugee is even denied this limited freedom (1). He is not even allowed to have private property, nor to sell his manpower to nourish himself. The refugee is the redundant, even more: the made-redundant human being, and he has to be grateful that he can make use of his passive rights the administrative apparatus puts upon him. This means, in concrete terms, that the „necessary requirements in nutrition, accomodation, heating, clothing, health care, body care, consumer and consumable goods, is covered by non-cash benefits.“ (§3 of the Asylbewerberleistungsgesetz [the German social welfare law for Asylum seekers]). It has been obvious not only for the last months, but already for a fairly long time, that the awarded „guarantees“ (adherence to standards of hygiene, allowance of living space of at least 7m², etc.), are not fulfilled in practice – that is daily routine in German refugee camps. People are barracked to make sure they cannot enjoy the liberation from the coercive powers they just escaped, to make them vanish again of their own „free will“: „The distribution and allocation is not meant to impede the repatriation of the affected people: it is meant to encourage the will to return to the homeland.“ (Asyldurchführungsverordnung Bayern [Regulation on the implementation of Asylum law, Bavaria]). It’s only 40,90 Euros (as is the legally guaranteed grant to refugees) that distinguish between a human being and an object (i.e. to be valued as a natural being, like an animal, for example). Realizing this, the phrases about a „more humane“ and an „accommodation which suits human dignity“ made by politicians are nothing but a farce. They demand a more humane barracking of those people who are made redundant by European politics on refugees. The German state does not kill them yet, but assists a little now and then. That this has been backed by reality now, the Lower Franconian [unterfränkische] governance does not want to take responsibility for. Their spokesman Johannes Hardensacke seriously declared: „We don’t see any connection between the suicide (of Mohammad Rahsepar) and his lodging in the Asylum-seeker accommodation.“ His fellow lodgers and the responsible doctor, under whose treatment Mohammad had been, tell a different story. Mohammad himself complained: „I can’t stay in my room permanently, the whole day.“ More and more afflicted by the local circumstances, he finally took his own life.

In the end, Mohammad Rahsepar was that desperate that he even filed an application for returning back to his country of origin – aware of the risk of being tortured both physically and spiritually by the Mullah-regime. In Europe, people have already forgotten about the events which started in June 2009, and have been silenced to graveyard peace by today. The mass protest against the „re-election“ of Mahmud Ahmadinedschad has increasingly risen towards a revolt against the coercive power of the clerical fascist despotism. Reform Khomeinians like Mir-Hossein Mousavi ran after the widespread oppositional movement to entrap them, but without success. It is beyond doubt that the revolting people did not ask for new elections but primarly aimed and are still aiming for a regime change. They have been quietened at the moment, but not by a suppressed „radical need“ (Marx) but because of the direct brutal force of repression perpetrated by the Iranian sovereign. For 2010, Iranian authorities have admit 252 executions. This figure includes dissidents who have been convicted for imaginary crimes as „rapists“ and „enemies of God“. People in Iran are holding out in a constant state of anxiety, because whoever becomes guilty of, for example, „homosexuality“ or „adultery“, is at the risk of being executed in public.

Meanwhile, the EU brought itself to apply sanctions on the Iranian oil export, but Germany remains one of the most important partners with Iran in import and export businesses. And that is not all: the most sensitive part of German exports to Iran, the esporting of goods with a potential military use, has even grown in recent months, according to a report by the German newspaper „Handelsblatt“. Those imported goods are, on the one hand, used for building up repressive measures of control against potential enemies (or those who are thought to be enemies of the Mullah-regime) in-country, and, on the other hand, they support the construction of weapons of nuclear mass destruction meant to be used against Israel, to finally make the anti-Semitic mania of extermination come true.

To break out of this living hell, to dare to escape with the hope for a better life, is the dream of so many, and this also was Mohammad Rahsepar’s desire. We heartily regret that it ended the way it did, and we want to send out a message to his bereaved wife, his eight-year-old son, his sister, his friends and his family, even with the knowledge that this can be nothing but a small comfort.

In deep mourning: some marginalised, isolated individuals.
February 2012.

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(1) „The human being“ does not exist under the coercive force of the sovereign. „Therefore, it is not the empirical human being who constitutes the subject or the legal entity, but the capital functionalisation of the objective nature of human beings to be able to work more than what was necessary for his own physic reproduction, which allows to conceptualise him under the corporative form of the subject. The functualisation finds expression in the figure of the twice-free wage labour, that is the fair payment of the capital usage of manpower with money.“ (Initiative Sozialistisches Forum. Flugschriften – Gegen Deutschland und andere Scheußlichkeiten. Freiburg, 2001)

Hier gibt es eine weiteres Flugblatt der Antifa Teheran.

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Mahmoud Salem über Ägypten

Mahmoud Salems neuer Artikel über Ägypten ist etwas, das man unbedingt lesen muss.

Wir haben diesen unglaublichen Menschen im Heft 0 des Grossen Thieres schon erwähnt, auf eine Weise, die vielleicht die meisten nicht verstanden haben:

Ohne Zweifel wird es solche geben, auch unter unseren Freunden, die es bevorzugen werden, bekanntzugeben, dass sich hier nun einmal die eigene innere Tendenz der arabischen Revolutionen zeige, dass es dabei nämlich immer gegen Israel gegangen sei. Solcherart Gerede, so sehr es sich mit dem angemassten Attribut der „Kritik“ schmücken wird, läuft darauf hinaus, den tatsächlichen und kämpfenden Gegenkräften gegen das Unheil in den Rücken zu fallen. Der Lakonismus des Mahmoud Salem, für den die Existenz dieses Moments höchster Gefahr ausser Frage steht und der aber ohne grosse Dramatik beschlossen hat, nun eben dagegen anzugehen, ist unendlich humaner als das Bescheidwissen derer, die schon immer vermutet hatten, dass es so ist, wie es nun einmal ist, und die es werden haben kommen sehen.

Der neue Artikel ist ein sehr schönes Beispiel dafür, was wir damit meinen, und alle diejenigen, die wissen wollen, was mit der ideologiekritischen Strömung schiefgegangen sein mag, sollten deren Produkte zum selben Thema zum Vergleich danebenhalten. Wir verlosen für die 5 schönsten Begriffe für den Unterschied einen formschönen Blumentopf.

Übrigens erinnert uns das, was er hier beschreibt, erscheckend an das, was man schon vorgeahnt hat:

So, what we have seen so far is the giant nightmarish repetition of the French february 1848, with worse conditions, a ruthless enemy within, and all that in tormenting slow motion. We fear that june 1848 may come and be lost, again