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Drag Queens der antirassistischen Linken

Dieser Text war ursprünglich als Diskussionsbeitrag in der Wochenzeitung „Jungle World“ angedacht und konnte, nach Angaben eines Redaktionsmitglieds, nicht berücksichtigt werden.

Drag Queens der antirassistischen Linken – Die Postcolonial Studies und der Flüchtlingsprotest

Der einst revolutionäre Materialismus mittels dem linkskommunistische Dissidenten in der Geschichte beständig, wenn auch in der Anzahl nur gering, dem jeweiligen umstrittenen Gegenstand durch den in der Sache selbst aufzuzeigenden Widerspruchscharakter beizukommen pflegten, liegt in Zeiten postmoderner Diskurstheorie gänzlich brach.(1)

Wo die Lebensrealität von Flüchtlingen zwischen dem Kampf um Anerkennung grundlegender Staatsbürgerrechte einerseits, dem Verdursten in der libyschen Wüste, dem Ersticken in den Radkästen griechischer LKWs, dem Ertrinken im Mittelmeer oder dem langsamen Tod in den Flüchtlingshöllen Ost- und Südeuropas andererseits zur „profanen Frage des legalen Aufenthalts im Nationalstaat“ (2) reduziert wird, da kann man sicher sein: Hier hat man es mit veritablen Denk- und Menschenfeinden zu tun.

In diesem Fall sind es, stellvertretend für die deutschen Postcolonial Studies, Vassilis S. Tsianos und Bernd Kasparek, die in der Jungle World (30/2012) mit dem Aufhänger „Too much love“ zur Themenausgabe „Der neue Widerstand“, auf eine neue vermeintliche Problematik im antirassistischem Dorf aufmerksam machen.

Wenn die Autoren von Antirassismus sprechen, geht es ihnen – darüber geben sie schon früh im Text Auskunft – weder um den Kampf gegen tatsächliche rassistische Unterdrückung noch um Gesellschaftskritik, sondern um die hegemoniale Variante des Antirassismus, also dem diskurstheoretischen Management „problematischer Begriffe im deutschen antirassistischen Diskurs“.

Handgreiflich demonstriert wird die daraus resultierende Betriebsblindheit und dummdreiste Ignoranz gegenüber sämtlichen gesellschaftlichen Verhältnissen, objektiven Gegebenheiten oder eben allem, was sich fünf Meter ausserhalb des eigenen Stalls aufhält auf anschaulichste Weise in der Behauptung Tisanos und Kaspareks, der Begriff „Refugee“ sei „eine Selbstbezeichnung, die aus der selbstorganisierten Flüchtlingsbewegung rund um die ’Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen‘ und ’The Voice Refugee Forum‘ stammt“. Dass „Refugee“ selbstverständlich keine identitäre Selbstbezeichnung ist, selbst wenn es später als solche appropriiert wurde, sondern ein objektiver Ausdruck von Existenzbedingungen und Daseinsformen, in diesem Fall der Lebensrealität der Flüchtlinge, kommt den Autoren nicht mehr in den Kopf. So waren es nicht die „Karawane“ und „The Voice“, (von letztgenannter Organisation ist Tsianos rein zufällig Mitbegründer), auf die sich „Refugee“ bezog, sondern die Hugenotten im 16. Jahrhundert und Flamen im ersten Weltkrieg, die als erste Refugees im heutigen Sinne zu verstehen sind. (3)

Die Austreibung des Materialismus
Nicht nur behaupten Tsianos und Kasparek unsinnig, dass es sich bei den selbstorganisierten Flüchtlingen um die „Begründer dieses Diskurses“ handele, sondern auch, dass die Begrifflichkeit des „Non-Citizen“ gerade deswegen unzulänglich sei, weil sie erkenntniskritisch konstatiere, aus dem „Produktions-, Verteilungs- und Reproduktionssystem“ ausgeschlossen zu sein. Es ist also gerade der materialistische Versuch der Selbstverortung und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen, dass der Müllwerdung des Menschen eben nicht diskursiv beizukommen ist, welche den Autoren anrüchig sind, nicht etwa dessen ideologische Facetten: Die reale Spaltung der Gattung Mensch in Bürger und Nichtbürger, in staatlich autorisiertes und für die Halde freigegebenes Leben, an der sich materialistische Kritik entzünden könnte, stellt für die beiden Diskursideologen ein nicht zu überwindendes Problem dar.

Weil die Diskursideologie des Antirassismus keinen Materialismus kennt (und kennen möchte), verfällt sie in als Kritik missverstandene Diskursidiotie: Sie muss die Bewusstwerdung der Flüchtlinge des eigenen Standpunkts im Produktionsprozess in ein auf Tauglichkeit zu prüfendes „identitätspolitisches“ Konzept umlügen. Diesem diagnostizieren Tsianos und Kasparek, „dass [das Konzept des Non-Citizen] anders als die Kategorien race, class und gender den Blick nicht auf gesellschaftliche Verhältnisse“ richte, sondern „letztendlich vorgefundene Kategorien des Ausländerrechts reproduziert und damit auch festschreibt.“, es also nicht geeignet sei. 4 Mittels ihrer diskurstheoretischen Konzeptanalyse entledigen sich die Adepten des Nominalismus so des Wahrheitskriteriums und können sich gleichzeitig als subversive Avantgarde einer Linken gerieren. Doch mit dem Begriff des „Non-Citizen“ sind die Flüchtlinge keineswegs auf eine identitätspolitische Fixierung aus, sondern auf die Abschaffung des menschenunwürdigen Verhältnisses welches ihn als notwendig erscheinen lässt: „Doch sollten unsere Bemühungen dahin gehen, eine Gesellschaft zu bauen, die diese Dichotomie [von Citizen und Non-Citizen] nicht braucht.“ (5), schliesst unmissverständlich die Analyse der Flüchtlinge.

Der Vorwurf der Autoren, „Kapitalisten und Bankbesitzer“ mittels dem Begriff des Non-Citizens zu exkludieren, ist nicht nur falsch, sondern auch noch kennzeichnend für den eigenen Grad der Idiotie, wenn behauptet wird, die „Geschichte des Antikolonialismus und des Antisemitismus in Deutschland“ ungeachtet links liegen zu lassen. Diese Schelte meint freilich nicht nur die Existenz eines sekundären Antisemitismus, dem man nachgehen muss, sondern klittert bereits im selben Satz die Historie gänzlich: So sind nicht mehr die konkreten Jüdinnen und Juden Opfer der deutschen Vernichtungspraxis geworden, sondern „die mörderische Verwandlung von Kapitalisten und Bankbesitzer in ’Non-Citizens‘“ war Ursache und Ziel der nationalsozialistischen Mörderbanden. Die Shoah war also keineswegs das Resultat der Geschichte einer sich barbarisierenden bürgerlichen Gesellschaft im allgemeinen, und die des massenhaften Antisemitismus der Deutschen im besonderen, sondern gewissermaßen ein fehlgegangener Diskurs über die Juden. Das erinnert an Christian Jacob der den Antisemitismus einst, in blutiger Abstraktion von der Geschichte und allen konkreten Ereignissen, als „nichts anderes als eine Verkettung von Ereignissen“ beschrieb. Es ist allerdings mitnichten die Verwandlung von als jüdisch Identifizierten in „Non-Citizen“, was zum einen hochgradig falsch ist, zum anderen selbst bereits eine pathische Projektion beinhaltet, sondern die Vernichtungspraxis der Deutschen oder in in anderen Worten: Die Verwandlung von Juden in Rauch.

A more optimistic view
Weil die Autoren in der Trennung der konkreten, empirischen Menschen in Subjekte kapitalistischer Verwertung und verüberflüssigtes Leben nur einen Diskurs um eine „Binarität“ und nicht die in der Dichotomie aufgehobene, suspendierte Gattung zu erkennen vermögen, müssen sie zwangsläufig als eifrige Werbetrommler und Staubsaugervertreter alternativer „Konzeptionen“ zur „Neuordnung antirassistischer Milieus“ auftreten: „Dieser Widerspruch stellt einen Wechsel auf die Zukunft aus. Diese andere Gesellschaft existiert bereits. Postnationale Bürgerschaft ist eine mögliche Antwort auf die Krise der Souveränität und der hochmilitarisierten Grenz- und Migrationsregime.“ Die sich subversiv gerierende Theorie entpuppt sich so letztendlich, wie sollte es auch anders sein, als Bewerbungsschreiben von Nachwuchspolitikanten, die gerne selbst das Ruder der Souveränität in die Hand nehmen würden, aber nicht dürfen. Die „postnationale Bürgerschaft“ Kaspareks ist, das beweist sich in seinem Rechts- und Staatsfetischismus, nichts anderes als fromme Utopie linker Bürger: „In diesem Neu-Denken wird die Grenze Austragungsort eines gemeinsamen Kampfes für Rechte, die sich nicht länger auf die territorialen Kategorien eines „methodologischen Nationalismus“ beziehen, sondern eine postnationale Verrechtlichung einfordern.“ (6) „Die EU hat schon viel verändert. So ist zum Beispiel der Begriff der Staatsbürgerschaft in Bewegung, er löst sich teilweise auf, dafür stehen die realen Vorteile der EU-Staatsbürgerschaft mit vielen Rechten im Raum. Es geht um neue flexiblere Modelle der Zugehörigkeit, die mit realen sozialen und politischen Rechten verbunden sind.“ (7)

Dass die „andere Gesellschaft“ der mitnichten kriselnden nationalen Souveränität den Rang ablaufen würde und sich so zum positiven Potential für das „postnationale“ Subjekt auflöst, ist Gedankenspinnerei der akademischen Avantgarde. Für die beiden Autoren gilt ohnehin nur: Identität statt Individualität und in diesem Fall ist es die europäische. Doch einen allgemeinen europäischen Souverän gibt es auch nicht und die Nation ist weiterhin eine objektive Form kapitalistischer Reproduktion. Die linke These von einer „Internationalisierung des Staates“, die hier mitschwingt, setzt sich über den Zustand hinweg, dass Nationalstaaten mit anderen in Konkurrenz stehen und man lügt sich zurecht, dass die Reisefreiheit durch das Schengener Abkommen „flexiblere Modelle der Zugehörigkeit“ verspreche. Für das geflüchtete Leben bedeutet gelebte Postnationalität pro tempore vor allem eine transnational koordinierte Flüchtlingsabwehr mit Erstauffanglagern in Griechenland und Italien mit Ausblick auf Abschiebung an despotische Regime oder in die Ruinen des Weltmarktes.

Was das Konzept der „postnationalen Bürgerschaft“ bis zu dessen erfolgreicher Implementierung für die politische Praxis der von Flüchtlingen bedeuten soll, das traut man sich dann doch nur akademisch verschachtelt auszusprechen: „Ein Asylantrag ist ein Antrag auf die Teilhabe an den sozialen Rechten Europas. Eine vielleicht unauflösliche Verschränkung von Unterwerfung und gleichzeitigem »Verlangen nach Existenz« (Butler 2007).“

Mit anderen Worten: Tsianos und Kasparek empfehlen, den Anspruch auf nationale Einbürgerung von Asylsuchenden aufzugeben, da dieser selbst die Kategorie des Bürgers reproduziere und daher neue Ausschlüsse notwendig mitproduziert. Stattdessen schlagen sie vor, die Identitäten von Flüchtlingen mit den bürgerlichen Identitäten „produktiv [zu] verbinde[n]“ um eine „Sichtbarkeitmachung“ dieser Lücke in der Repräsentation als konstitutives Merkmal der staatlichen Verfasstheit zu erreichen. Dieser ersten diskurstheorethischen Verrenkung sollen dann, so ist zu befürchten, weitere ebenfalls produktive Diskurse entspringen, die dann schlussendlich genug transformatives Potential entwickeln um eine Verrechtlichung der Postnationalen Identität zu erreichen. Feuchter kann der Traum des deutschen Antirassismus kaum sein, wenn Tsianos und Kasparek Flüchtlingsproteste zum Ausdruck eines Freiraumes, nicht der Verzweiflung, zurechtbiegen. Dass der akademische Schwachsinn schier endlos ist, zeigt ein Blick in entsprechende Publikationen, die glücklicherweise keiner liest ausser das Lektorat und diese Leute selbst:

„The theme of autonomous migration offers a quite different and in certain respects more optimistic view of unauthorized forms of migration – one that signals their transformative potential. (…) In the figure and the elusive movement of the unauthorized migrant, many theorists of autonomous migration have detected a deterritorializing force that is unravelling statist regimes of citizenship and, in some cases, prefiguring new spaces of affinityand community.“ (8)

Flüchtlinge fliehen also nicht etwa vor Hunger, Elend und Tod, sie „entfliehen“ „ihren normalisierten Repräsentationen“ und verändern dabei beiläufig die „Bedingungen ihrer materiellen Existenz“. Der Flüchtling ist also vergleichbar mit der Drag Queen, die auf der Queer-Party ein paar Stunden ihrer „normalisierten Repräsentation“ entflieht. Hinter diesem postmodernen Blödsinn schimmert eine Unmenschlichkeit hervor, die kein menschliches Elend mehr wahrhaben will und kann, sondern noch die gewaltvollsten Zustände in eine Problem von Anerkennung umdeutet. Wenig verwunderlich, dass derartig wahnwitzige Denkakrobatik bei den Flüchtlingsprotesten kaum auf nahrhaften Boden stieß – spätestens seit den Protesten in Berlin und der Flüchtlingskonferenz in München gehen die „Refugee Tent Action“ und die „Karawane“/“The Voice“ zurecht getrennte Wege – strotzt die Rede von „optimistischeren Sichtweisen der Formen unauthorisierter Migration“, aus der eine „potentiell kreative soziale Bewegung“ entstehen könne, doch von gradezu jeder konkreten Erfahrung entbehrendem Zynismus.

Die Qualität der Proteste
So ist es grade eine der Qualitäten der jüngsten Flüchtlingsproteste, dass sie sich an einer materialistischen Analyse ihrer eigenen Situation versuchten. Eine Analyse, die man den beiden Autoren und der gesamten antirassistischen Dorfkapelle Deutschland am liebsten ins Gesicht klatschen mag, ist sie doch, trotz einiger folgenreicher, ideologisch begründeter Fehlschlüsse meilenweit dem Antirassismus voraus, dessen Speerspitze Tsianos und Kasparek bilden, wenn sie auf seine potentiell staatstragende Rolle hinweisen:

„Trotz der offensichtlich diskriminierenden Beschaffenheit dieser Gesetze, dienen sie hauptsächlich dazu, Asylsuchende in Aufschub und Unsicherheit zu belassen, was seine eigenen ökonomischen und politischen Gründe und Funktionalitäten hat. Dennoch, richten sich die meisten Bemühungen aktivistischer Gruppen gegen Aspekte rassistischer Diskriminierung in den Gesetzen.“(9)

Die Suspendierung der Gattung Mensch durch den irren Selbstläufer Kapital bezeugt sich darin, dass einerseits das Gros der Menschen gezwungen ist, sich selbst zu Material zu machen, als variables Kapital in einer Funktion aufzugehen, andererseits aber nahezu jede Perfidie zur Geltung gebracht wird um jene, die vor Hunger, Tod und Elend fliehen, von der Konkurrenz auszugrenzen. Sie ist „die brutale Konsequenz jener Abstraktion, in der die Subjekte als Funktionäre kapitalistischer Verwertung sich von den konkreten, empirischen Menschen trennen. (…) Doch der Ausschluss folgt nicht allein einem blinden Mechanismus, es ist der politische Souverän, der eine von allen „geteilte Lüge“ „für den Zutritt zur nationalen Arbeitskraft“ ausbrütet. Im Staat, dem Komplementär des Kapitals, ist die terroristische Gewalt der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals konserviert, sie demonstriert sich als konstante Drohung, den Menschen Gewalt anzutun.“(10)

Denn schlimmer noch, als ausgebeutet zu werden, ist es, nicht ausgebeutet zu werden: Von der Konkurrenz kapitalistischer Vergesellschaftung ausgeschlossen zu sein, bedeutet die eigene Ware Arbeitskraft nicht veräußern zu dürfen, und somit auf die Zuteilung von staatlich abgesegnetem Fraß und Kernseife hoffen zu müssen. Die unerfüllten Forderungen nach grundlegenden staatsbürgerlichen Rechten wie uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt oder Aufhebung der Residenzpflicht ziehen sich durch die Geschichte der Flüchtlingsproteste; die Erkenntnis, als Flüchtling aus der kapitalistischen Vergesellschaftung ausgeschlossen zu sein, ist daher durchaus als Resultat dieser konkreten Erfahrungen zu verstehen.

Manuela Brand

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Anmerkungen:
1 Attestiert haben das Unvermögen mittels postmoderner Theorie olle Kamellen regelrecht zu restaurieren, bereits andere hinreichend. Siehe dazu im Verlagsprogramm des ça ira Verlags die Bände Gegenaufklärung (2011) und Das Konzept Materialismus
2 Alle nicht weiter kenntlich gemachten Zitate stammen aus dem Text „To much love“ in der Jungle World (30/2013)
3 http://www.etymonline.com/index.php?term=refugee
4 Jedoch ist das Ausländerrecht sehr wohl ein gesellschaftliches Verhältniss. Nebenbei: In ihrer als Kritik verkauften Idiotie merken die Autoren nicht einmal, dass sie, eben noch felsenfest behauptend das Ausländerrecht sei kein gesellschaftliches Verhältniss, einen Satz später widersprüchlich erklären, in den „Citizenship und Refugee studies“ bezeichne der Begriff „Citizenship“ dann doch eben Dieses.
5 http://refugeetentaction.net/index.php?option=com_content&view=article&id=213:zur-position-asylsuchender-und-ihre-kaempfe-in-modernen-gesellschaften&catid=2&Itemid=132&lang=de
6 http://www.migration-boell.de/web/migration/46_2195.asp
7 http://www.heise.de/tp/artikel/35/35406/1.html
8 Walters, W. (2008) Acts of Demonstration: Mapping the Territory of (Non-)Citizenship’ in E. Isin and G. Neilson (eds) Acts of Citizenship, London, 182-207
9 http://refugeetentaction.net/index.php?option=com_content&view=article&id=213:zur-position-asylsuchender-und-ihre-kaempfe-in-modernen-gesellschaften&catid=2&Itemid=132&lang=de
10 http://cosmoproletarian-solidarity.blogspot.de/2012/07/die-suspendierte-gattung-zur-kritik-des.html

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Weiterführende Texte und Stellungnahmen die den Hintergrund beleuchten:

Von Seiten der Postcolonial Studies gibt es dieses Interview:
http://www.criticatac.ro/lefteast/european-citizenship-and-the-place-of-migrants-struggles-in-a-new-radical-europe-a-talk-with-sandro-mezzadra/

Und von der Karawane:
http://thecaravan.org/node/3711/

Und eine Erklärung der „Jugendlichen ohne Grenzen“ (Kurzfassung:
„Wir sind der Ansicht, dass eine Konzentration auf Theorien, die zur Spaltung der gemeinsamen Sache führen, den Kämpfen gegen diskriminierende und rassistische Sondergesetze schadet“)
http://de.indymedia.org/2013/07/347292.shtml

Im Hinterland Magazin gibt es einen Beitrag:
http://www.hinterland-magazin.de/pdf/Hinterland22_klein.pdf

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Zum Beispiel Indien

Über die vorletzte und die letzte Reserve der jetzigen Ordnung

1
Man kann an Syrien sehr genau nachzeichnen, wie ein demokratischer Aufstand massakriert worden ist, und aus dem Massaker ein Krieg islamistischer Banden entstanden ist. Es wird entscheidend sein, ob auseinanderzuhalten ist, wie das geschehen konnte. Das selbe gilt für Ägypten, oder Griechenland. Bisher ist rätselhafterweise noch niemandem eingefallen, das Heraufkommen der griechischen Faschisten dem Aufstand von 2008 als dessen eigene innere Tendenz zuzuschreiben; der sexuelle Terrorismus aber, die organisierten Vergewaltigungen, die in Ägypten als Waffe gegen die Revolution, und ihren gefährlichsten Teil: die Frauen, eingesetzt wird, gilt unter Europäern ganz selbstverständlich als Begleiterscheinung der Revolution selbst. (1)

Wenn man die Handlungen der einzelnen Akteure nicht auseinanderhalten will, sondern stattdessen lieber so tut, als sei das alles irgendwie dasselbe, und es zeige sich gewissermassen nur das Wesen der islamischen Gesellschaften, dann wird man z.B. auch nicht wahrhaben wollen, dass die ägyptischen Frauen unter anderem deswegen die Hauptlast der Konterrevolution tragen, weil ihre Beteiligung an der Revolution die grösste Gefahr für eine Ordnung gewesen ist, die ihre Abschaffung mindestens aus eben diesem Grund verdient hat. Die Frauen in Unterordnung zu terrorisieren: damit steht und fällt die Konterrevolution heute. Und alle Mächte, die heute die syrischen Kriegsparteien aufrüsten, gehören dazu.

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Vor einigen Monaten gab es in Indien eine grössere Protestbewegung, nachdem eine Gruppe Männer eine Studentin stundenlang vergewaltigt und dann erschlagen hatte. Die Tatsache dieser Bewegung ist an sich schon bemerkenswert. Man soll nicht glauben, dass solche Verbrechen noch nicht vorgekommen wären. Im Gegenteil. Die Proteste erklären sich gerade nicht aus der Unerhörtheit des Verbrechens, sondern aus einem Ende der Geduld der Frauen mit dem endemischen, systematischen Charakter solcher Verbrechen.

Die Feindschaft gegen Frauen zeigt sich in vielen Gestalten. Von der Geburt an, die der Familie als Schicksalsschlag gilt, bis zu ihrem Tode, oft genug durch die Axt ihrer Familie oder Schwiegerfamilie, wird den Frauen klargemacht, dass sie eine Last sind, und mehr als das: eine Bedrohung, die mit allen Mitteln im Zaum gehalten werden muss. Das Geheimnis dieses Hasses liegt nicht darin, dass Frauen für weniger wert gehalten würden als Männer: das gäbe noch kein Grund für die obsessive, fast demonstrative Gewalt, und oft genug Ermordung; sondern darin, dass sie schon mit jeder Lebensregung gerade das in Frage zu stellen drohen, worauf diese Gesellschaft beruht.

Das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft, und innerhalb der Gesellschaft, gehorcht nie und nirgends einer Rationalität ausser der, dass diese immer eine gerade noch ausreichende Zahl von Menschen ernähren können muss, um noch bestehen zu können. Der Druck der tendenziellen Überflüssigkeit, der zunächst auf allen Einzelnen gleich lastet, lädt aber die unter dem Kapital weiterbestehende Herrschaft zwischen den Geschlechtern auf; und frisst gleichzeitig ihre innere Bindekraft an. Von seiten des Gesellschaft wird den Männern zu verstehen gegeben, sich für ihr Elend an den Frauen schadlos zu halten; deren Unterordnung soll die Integrität der Familie, der „Keimzelle des Staates“, garantieren. Da für diese Unterordnung allerdings sonst nichts mehr spricht, muss sie mit blanker Gewalt erzwungen werden. Am Körper der Frau wird gewaltsam die Unterwerfung nachvollzogen; zweckmässig in der häuslichen Gewalt, die die Unterordnung wirklich erzwingt, und demonstrativ, fast rituell im spektakulären Verbrechen.

Die Frauen geraten in die Situation, von der Gewalt fast überall umzingelt zu sein; sie sind gleichsam die gemeinsame Beute des Männergeschlechtes; zuhause der Tyrannei der Familie, vom Übergriff auf der Strasse, der das Verlassen des Hauses ahndet, auf diese zurückgeworfen. Von der Polizei und den Gerichten ist keine Hilfe zu erwarten; hier regiert eine Ordnung, die die Frauen den Männern fast offiziell zur Plünderung freigegeben hatte, und zwar aus keinem anderen Grund, als ihr eigenes Bestehen als Ordnung zu retten.

Vor diesem Horizont erscheint sogar die Forderung der protestierenden indischen Frauen nach der Todesstrafe für die Mörder fast wie ein Griff nach der Macht im Staate.

3
Das alles ist keineswegs auf Indien beschränkt; ebensowenig ist es ein archaischer Rückstand aus der Vorgeschichte, es sei denn auf dieselbe Weise, wie die ganze heutige Gesellschaft ein solcher archaischer Rückstand ist. Indien liegt ja sowenig als irgendein Land in einer Welt vor der Moderne. Die Wurzeln der jetzigen Zustände soll man im Zustandekommen der jetzigen Gesellschaft suchen, und nicht in der grauen Vorzeit der vier Veden.

Wer aber die vier Veden bemüht, das sind die Ideologen der Hindutva-Bewegung, der spezifisch indischen Ausformung des allgemeinen Irrsinns. Diese Bewegung, die man zuweilen auch Hindu-Nationalismus oder Hindu-Faschismus nennt, ist ungefähr in demselben Masse nach oben gekommen, in dem seit den 1970ern die Verelendung, und die Zurückdrängung der Frauen vorangeschritten ist.(2) Sie propagiert etwas, was sie für eine Rückkehr zur indischen Religion ausgibt; und in der Tat mögen die Gangster-Methoden dieses Haufens etwa in Bombay (3) denen der Strauchdiebe, von denen die Veden berichten(4), durchaus ähneln.

Die Lehre der Hindutva über die Stellung der Frauen ist nicht gut trennbar von ihrer Stellung zum indischen Kastenwesen. Diese peculiar institution kann man beschreiben als eine Einrichtung, in der der Binnenrassismus der indischen Gesellschaft, ihre soziale Segmentierung und die geschlechtliche Ungleichheit zusammengeführt sind: eine Einrichtung, die vor einigen Jahrzehnten erledigt zu sein schien (der Staatsgründer war ein Kastenloser), und die sich eben seit den 1970ern wieder neu zusammensetzt. Die Kasten sind dabei soziale Segmente, Körperschaften, deren Vorstehern bestimmte Befugnisse zustehen, und deren Mitgliedern eine bestimmte Stellung im Produktionprozess zugedacht ist. So gibt es z.B. Kasten, deren Mitglieder seit jeher für die Fäkalien von Delhi zuständig waren. Die Arbeit in der Kanalisation von Neu-Delhi ist extrem gefährlich, aber man kann sich denken, dass es eine unabhängige Gewerkschaft nicht geben wird, die Verbesserungen durchsetzen könnte; die Kastenoberen werden sich das nicht aus der Hand nehmen lassen.(5)

Die Kasten sind eigentlich Nationen in der Nation. Ehen werden oft von den Familien arrangiert, nach den Vorschriften der einzelnen Kaste. Heiratet eine Frau namentlich einen Kastenniedereren, riskiert sie ihr Leben. – Der Aufstieg aus der Kaste ist schwer, aber Kasten können insgesamt aufsteigen. Die Hindutva-Bewegung ist gerade eine Bewegung von niederen Kasten, die versuchen, ihren sozialen Aufstieg dadurch zu orchestrieren, dass sie tun, als gehörten sie zu den oberen Kasten. Sie übernehmen fanatisch die Regeln des alten Hinduismus, die eigens dafür da waren, Frauen und Leute, wie sie es sind, unten zu halten,(6) und zwar parallel zu ihrem wirklichen Aufstieg in der kapitalistischen Ökonomie. Die Heraufkunft dieser Bewegung steht in engem Zusammenhang mit der kapitalistischen Dynamik Indiens, und diese mit dem wachsenden Terror gegen die Frauen. Man kann das alles drei nicht getrennt voneinander nachzeichnen.(7)

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Es gibt selbstverständlich Opposition gegen alles das. Die Bewegung der Kastenlosen hätte das Zeug zur relativen Mehrheit, jedenfalls dazu, der Hindutva ernsthaft entgegenzutreten; ein Bündnis mit den Bewegungen der Frauen wird schon lange diskutiert; aber die Parteien der Kastenlosen sind anscheindend unreformierbar korrupt. Um so bemerkenswerter sind die Proteste der indischen Frauen. Vielleicht erkennt man jetzt, wogegen sie sich wirklich richten: nicht etwa nur gegen ein einzelnes Verbrechen, sondern gegen ein ganzes System davon. Wenn die indischen Frauen die Proteste ernsthaft fortsetzen würden, oder wenn sich die Bewegung unterirdisch weiterfrisst, was dann?

Wenn das Regime, das über den indischen Frauen aufgerichtet ist, fiele, dann fiele die ganze bestehende Ordnung, zu der dieses Regime ein Schlusstein ist. Der Widerstand der Frauen gegen den zunehmenden Terror, das wäre die Axt an der Wurzel der jetzigen Ordnung. Deren Einrichtung bringt es mit sich, dass durch den Widerstand der Frauen nicht nur die ganze inoffizielle Staatsdoktrin, und die Funktion der Familie als feinste Verästelung der Herrschaft in der Gesellschaft zur Disposition stünden, sondern auch das Kastenwesen und damit der Mechanismus, durch den Indien seine kapitalistische Modernisierung, seinen Aufstieg zur Grossmacht organisiert.

Aus der alltäglichen Gewalt gegen Frauen ist schon jetzt abzulesen, wie sehr man sie fürchtet. Das Potential von Terror, das in dieser Ordnung lauert für den Fall, dass die Frauen sich ernstlich wehrten, würde wahrscheinlich das, was wir in Ägypten und Syrien sehen, noch übertreffen. Es ist jetzt schon absehbar, womöglich jetzt schon in Bewegung gesetzt. Aber der zweite Schlussstein dieser Ordnung, das ist die indische Nuklearwaffe.

Man kann Indien ohne die feindliche Verklammerung mit Pakistan nicht verstehen. Beide Regime verwalten ganz ähnlich gebaute Gesellschaften, mit ganz ähnlichen Widersprüchen; zuletzt garantiert nur der Kriegszustand einen Schein von Stabilität, und die Nuklearwaffen beider Seiten den Kriegszustand. Beide Regime haben keinen anderen Lebenszweck, als die gegenseitigen Bevölkerungen für den Fall einer Störung der Ordnung mit Einäscherung zu bedrohen.

Wenn aber die Schwachstelle dieser Ordnungen, die Unterordnung der Frauen, in Bewegung gerät, wozu wären diese Regime fähig? Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass etwas, das so anfinge, in einem nuklearen Krieg enden könnte. Die gegenwärtige Ordnung steht auf einem derart dünnen Boden, und verfügt dabei über derartige Mittel der Zerstörung, dass jede Bewegung eine katastrofale Entwicklung auslösen kann.

5
Vielleicht klingt das nach übertrieben. Deswegen werfen wir doch noch einmal einen Blick auf Syrien! Was als eine keineswegs mörderische und weder islamische noch exklusiv sunnitische Protestbewegung angefangen hatte, wurde nach der gewaltsamen Niederschlagung zu einer sunnitisch-arabischen Nationalangelegenheit, zu einer Gelegenheit zu einem ganz anderen Krieg. Die arabischen Mächte, die selbst noch schwer mit ganz ähnlichen Bewegungen zu kämpfen hatten, nutzten die Gelegenheit, indem sie gezielt die sunnitisch-islamistischen Kräfte ausrüsteten. Das iranische Regime, das sich von der Protestbewegung 2009/10 noch kaum erholt hatte, warf sein ganzes Gewicht hinter Assad. Auf den Trümmern der Protestbewegung wurde auf einmal ein regionaler Krieg ausgefochten.

Der Umschlag in den Krieg, mit möglichen weiteren Eskalationen, begann mit der gewaltsamen Niederwerfung; danach mit der Organisierung von Milizen und Todesschwadronen, die die Gegenorganisierung von Milizen mit sich brachte; zwischen den verfeindeten Milizen entstand ein militarisierter Konflikt, der wie immer die Entmächtigung der Frauen bedeutet; zuletzt griffen die regionalen Mächte ein. Alle Seiten stehen auf dem Sprung, in einen offenen regionalen Krieg zu flüchten; das sind die Umstände, in denen das iranische Regime heute nukleare Bewaffnung anstrebt. Glaubt irgend jemand, es würde eine Sekunde zögern, die zu benutzen?

Auch Assad zögerte ja keine Sekunde, seine Ordnung in Syrien dadurch zu verteidigen, dass er Syrien in Schutt und Asche zu legen begann. Die arabischen Mächte und das iranische Regime zögerten keine Sekunde, mit aller Macht dabei zu helfen. Die Ordnung, wie sie jetzt ist, wird mit allen Mittel verteidigt werden. Und die Ordnung ist sehr fragil geworden, soviel ist gewiss. Worauf die Revolutionäre nicht vorbereitet waren, das war das ganze Potential von Mord und Zerstörung, das diese Ordnung zu entfesseln im Stande ist. Gleich hinter ihr, im Schatten noch halb verborgen, halten sich die Todesschwadrone in Bereitschaft. Und es ist kein Zufall, dass sie in Ägypten und Syrien Jagd auf Frauen machen. Die Unterwerfung steht und fällt insgesamt mit deren Unterwerfung. Und es ist kein Zufall, sondern Strategie, dass Assad und ebenso die anderen Mächte den Aufstand in einem Krieg untergehen liessen: der Krieg nimmt den Frauen die Mittel aus der Hand. Ebenso, wie es kein Zufall ist, dass die Milizen islamisch werden. Beide Seiten exorzieren das selbe Gespenst: aber um die Gewaltsamkeit zu begreifen, muss man verstehen, dass dieses Gespenst da ist.

1 Die ägytischen Frauen haben sich überproportional an der Revolution beteiligt. Sie haben die Ordnung unter Mubarak als Garanten der Ordnung der Familie begriffen, und ihr Handeln stellte die Herrschaft der Familienväter nicht nur symbolisch in Frage, sondern praktisch. Der Gegenschlag setzt da an, und rechnet darauf, sich auf die Rachsucht der Männer stützen zu können. Der Vorläufer dieser Revolution, der Aufstand von Mahalla al Kubra, enthält in den Szenen von Arbeiterfrauen, die Polizisten verprügeln, das alles schon in Keimform.

3 Welche Stadt sie auf den Fantasienamen Mumbai umbenannt haben, nach einer Gottheit, von der nie jemand gehört hat; die dortigen Hinutva-Leute heissen Shivsena, eine Partei, deren Gründer auf den ur-indischen Namen Thackeray hörte und dessen bevorzugte Methode das Rollkommando und der Meuchelmord gewesen sind, recht als hätte er sich Brechts „Arturo Ui“ zum Vorbild genommen.
4 Der Gott Indra z.B. holt die Rinder von den „Viehdieben“ „zurück“. Der Mythos gibt sich gar nicht erst die Mühe, zu verschweigen, dass die „Viehdiebe“ die ursprünglichen Eigentümer waren, deren Diebstahl eben darin bestand, Indra die Rinder nicht gutwillig zu überlassen.
5 Solchen starren Strukturen verdankt sich die Mär, in der „indischen Kultur“ gälten solche gefahrgeneigten Tätigkeiten eben als Teil des Karma. Welche Mär gut von den Kastenoberen selbst aufgebracht worden sein kann. – Das alles klingt natürlich völlig fremdartig für Europäer, jedenfalls für solche, die noch nie gehört haben, dass sowohl auf dem Land, als auch in den Industriezentren Arbeitsplätze genauso in der Familie vererbt werden, wie anderswo. Die Existenz solcher Strukturen, irgendwo zwischen Kastenwesen und Klientelismus, darf man getrost überall vermuten; von der Prosperität überdeckt, werden sie sich in der Krise immer zeigen.
6 Man kann in dem Buch „Why I am not a Hindu“ von Kancha Ilaia eine recht hart geschriebene Abrechnung mit diesem System und dieser Bewegung nachlesen. Man sollte nie vergessen, dass Ilaia gleichzeitig auch auf unangenehme Weise ein Narodnik ist; die Passagen im Buch, in denen die solidarische Ökonomie der bäuerlichen Gemeinden geschildert wird, sind abscheulich. Gleichzeitig ist es die erste und schärfte Probe einer Kritik des Hinduismus als Ideologie und Praxis, die es heute gibt.
7 Begreifen schon. Aber die konkrete Ausformung ist es, was der Sache ihr wirkliches Gesicht gibt, und sie gegebenenfalls lesbar werden lässt.

von Jörg Finkenberger

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Zum Beispiel 14.9. Rackwitz

bei Leipzig.

http://asjl.blogsport.de/2013/09/07/pogrome-verhindern-bevor-sie-passieren/

“Meine Nichte meinte, es gibt zwei Möglichkeiten: sie fackeln es jetzt ab oder wenn sie [die Asylsuchenden] drinne wohnen.” Eine Frau auf den Weg zur Sitzung am 29.8.2013 in Rackwitz

Die Versammlung in Rackwitz läuft genauso ab wie überall sonst. Die Stimmung ist geladen, jede Aussage, die dem Mob nicht passt, wird niedergebrüllt. Dabei teilt sich die Menge in jene, die ihre rassistischen Argumente offen artikulieren und jene, die keine Rassist_innen oder Nazis sein wollen und vermeintlich “sachliche Argumente” ins Feld führen: “So viele Menschen auf einen Raum, das geht nicht.”- “Die Bausubstanz des Gebäude entspricht nicht den Anforderungen.” oder “Die Grundstücke in der Umgebung würden an Wert verlieren.” Sie versuchen sich als besorgte und engagierte Bürger_innen, manche sogar als Humanist_innen, die sich scheinbar für die Asylsuchenden einsetzen.

Natürlich ist das Blödsinn, die absolute Mehrheit hat sich noch nie für das Geschehen in der Gemeinde interessiert. Und wie Asylsuchende in Deutschland leben müssen ist ihnen erst recht egal, sie sollen irgendwo hin, nur nicht in die eigene Nachbarschaft. Warum Menschen nach Deutschland kommen, ist für sie unwichtig. Sie möchten nicht rassistisch genannt werden. Aber so genannte “Ausländer” – die möchte man noch weniger. Der eigene latente Rassismus wird hinter vermeintlich sachlichen Argumenten versucht zu verstecken.

Der andere Teil, der aus seinen rassistischen Einstellungen keinen Hehl macht, weiß dass alle Ausländer “kriminell” sind und “hier” nicht her gehören, schon wegen der “Kultur”. Und gefragt hat sie sowieso keiner von “denen da Oben”. Daher drohen sie mal mehr oder weniger offen mit Gewalt. Wenn nicht sie es verhindern, dann die Nazis, auf die sie gerne verweisen.
Und diese Nazis sind bei solchen Veranstaltungen immer anzutreffen, begeistert von so viel Hass und Ablehnung und in Gedanken in der Zeit der rassistischen Pogrome der 1990er Jahre.

Vor dem Hintergrund dieser bedrohlichen Mischung verwundert es nicht, dass sich die NPD für den 14.9. in Rackwitz mit einer “Infostand-Kundgebung” angekündigt hat. Die NPD kommt, weil sie eine rassistische Partei ist und in Deutschland immer damit rechnen kann, auf Gleichgesinnte zu treffen.

Wir werden am 14.9. in die sächsische Provinz fahren und ein klares unmissverständliches Zeichen setzen. Mit Rassist_innen diskutieren wir nicht, egal wie sehr sie sich auch verstellen!

Zusammen gegen Rassismus kämpfen!

Weitere Informationen hier:
http://rackwitz.blogsport.eu/