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Die Linke über Syrien

Es ist vielleicht auch gar nicht verkehrt, sich bei Gelegenheit mit dem zu beschäftigen, was Robin Yassin-Kassab zu sagen hat. Man kann sich dann auch mal fragen, auf wen das alles zutrifft:

When I still talked about such things, I delivered this critique of the left and how wrong it went over the Syrian revolution. In Oslo last year.

Von seinem Blog Qunfuz., wo man auch lesen kann:

Alongside the chants of ‘Blood and Soil’, ‘You Will Not Replace Us’, ‘White Lives Matter’ and ‘Fuck You Faggots’, some of the privileged fascists rallying at Charlottesville, Virginia gave their opinions on the Syrian issue. “Support the Syrian Arab Army,” they said. “Fight the globalists. Assad did nothing wrong. Replacing Qaddafi was a fucking mistake.”

It’s worth noting that these talking points – support for Assad and the conspiracy theories which absolve him of blame for mass murder and ethnic cleansing, the Islamophobia which underpins these theories, the notion that ‘globalists’ staged the Arab Revolutions, and the idea that the Libyan revolution was entirely a foreign plot – are shared to some extent or other by most of what remains of the left.

In 2011 I expected that Syria’s predominantly working-class uprising against a sadistic regime that is both neo-liberal and fascist would receive the staunch support of leftists around the world. I was wrong.

Oder man besorgt sich gleich das Buch Burning Country. Vielleicht mal ein Beitrag zur neuerlichen Alphabetierung der Linken.

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Wieder Abschiebungen nach Afghanistan?

Anscheinend liegt jetzt der ominöse „Bericht“ des Auswärtigen Amtes vor, auf den man angeblich „wartet“. Zur Erinnerung: die absolut skandalöse Politik der Abschiebungen nach Afghanistan war vor ein paar Monaten „ausgesetzt“ worden, nachdem die deutsche Botschaft dem Erdboden gleichgemacht worden war, und ein „Bericht“ in Auftrag gegeben worden über die Frage, inwiefern Afghanistan denn „sicher“ ist.

Die Anti-Deportationsbewegung sollte sich das alles gut gesagt sein lassen! Nicht nur wird die Merkel-Regierung jetzt vor der Wahl ein Signal setzen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach wird es ab Herbst eine schwarz-gelbe Regierung mit einer Mehrheit im Bundesrat geben. In welche Richtung der Wind weht, sieht man vielleicht jetzt schon: sie halten es für eine gute Idee, ausgerechnet jetzt gegen die radikale Linke vorzugehen.

Ist das ein Spektakel, das zum Wahlkampf aufgeführt wird? Oder glauben sie, die Lage wäre derart, dass eine solche Strategie für sie sinnvoll wäre? Man weiss es nicht, man steckt nicht in den Köpfen solcher Leute drin. Die sind zu den erstaunlichsten Dingen fähig. Ob sie sich verkalkulieren, wird sich erst zeigen.

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Was macht eigentlich Gerhard Schröder?

Mikheil Saakashvili, then president of Georgia, said that Vladimir Putin looked on Schroeder as a trophy. Once, during a CIS summit, Putin was showing his guests, the leaders of the former Soviet republics, around his residence near St. Petersburg, Constantine Palace. Putin took them to the wine cellar, where, as if by chance, they stumbled upon Gerhard Schroeder. Putin beckoned to the former German leader, asked him to propose a toast, and then let him go, says Saakashvili. “Imagine my surprise when one year later Schroeder popped up in exactly the same place and repeated his performance. This time, however, Putin was trying to impress guests of the St. Petersburg Economic Forum.”

Von hier. All time classic.

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Nachträge zu Trump

Jörg Finkenberger

Achtung: Wer sich nicht für antideutschen Sektenkram interessiert, muss das nicht unbedingt lesen

1. Vielleicht sollte man noch mal durchsagen, weil unsere Intellektuellen das vielleicht nicht immer gleich begreifen, dass der Text über den Vortrag „Great Again“ mit den Herren Krug und Klaue nicht von mir stammt, auch wenn ich ihn ins Netz gestellt habe . Es gibt zwar einen kleinen Vorspann, wo das alles auch schon steht, aber wer liest sowas denn schon.

2. Ob man auf die „Diskussion“ weiters eingehen soll, die sich u.a. auf der „Antideutsch“-Gruppe auf diesem Facebook darüber abspielt, weiss ich auch nicht. In dieser bemerkenswerten Gruppe, die trotz ihres Namens vom studentischen Flügel der Bahamas-Fraktion dominiert wird, wurde da sehr wortreich von dem Hauptpunkt des Artikels abgelenkt und statt dessen das müde Argument bemüht, dass die Referenten gar nicht vom wirklichen Klimawandel etc. gesprochen hätten, sondern nur von dem, was die sog. „Deutschen“ sich unter diesem vorstellen, also einem eingebildeten Klimawandel. Genau das aber war der Vorwurf: dass sich die Vorstellungen, die Menschen von etwas haben, nicht kritisieren lassen, wenn man den Gegenstand, wovon sie Vorstellungen sind, aus der Gleichung streicht. Die Bahamas-Schule kann sich „Ideologiekritik“ nennen, solange sie will, aber was sie treibt, ist dasselbe, was sie allen anderen sog. „Postmodernen“ vorwerfen möchte, und, wie ich dazusagen möchte, es führt auch sonst zu vergleichbaren Ergebnissen.

Das ganze ist auch noch aus einem anderen Grund Ideologie, und nicht Ideologiekritik. Man tut so, als wäre das AfD-Spektrum in Deutschland irrelevant. In Polen und Ungarn, in den USA und in Russland regieren die. In Frankreich standen sie nicht weit davon entfernt. In UK haben sie das Austrittsvotum gewonnen. Deutschland ist das einzige Land, das von der Krise, von Freihandel und Austerität im Moment noch profitiert. Sobald sich das ändert, und das wird nicht lange dauern, wird das hier ganz schnell anders. Es gibt überhaupt keinen Grund, anzunehmen, dass sich das faschistische Zeitalter nicht wiederholen könnte. Jetzt so zu tun, als hätten es „die Deutschen“ aus antimoderner Ideologie mit dem Klima und den Flüchtlingen (!) usw., das ist einfach stockdumm. Aber, und das ist für die Bahamas-Partei lebenswichtig, es muss von der Gefahr des einheimischen Faschismus abgelenkt werden, um die irre und paranoide Idee von der islamischen Weltgefahr hochhalten zu können. Habe ich irre und paranoid gesagt? Man könnte noch viel mehr sagen. Man könnte argumentieren, dass dieser ganze Gedankenkomplex, einschliesslich der „Islam-Kritik“, auf die die Bahamas so stolz ist, aus antisemitischen Vorstellungswelten entlehnt ist. Das lässt sich auf vielerlei Weisen aufzeigen, und das wird je nach Gelegenheit auch geschehen, eins nach dem anderen.

3. Dieselbe Bahamas hat seinerzeit das sog. Unsichtbare Kommitte als Faschisten denunzieren wollen, die aus irgendwelchen Gründen Bürgerkrieg organisieren, d.h. einen Aufstand gegen den „Westen“, die „Zivilisation“, die „Moderne“. In der amerikanischen Presse von heute finde ich dagegen Artikel über die Frage, ob es angesichts der jetzigen politischen Situation in den USA einen zweiten amerikanischen Bürgerkrieg geben wird. Die Frage ist vielleicht gar nicht mehr so abwegig. Die konkrete Auseinandersetzung geschieht u.a. angelegentlich der Statuen von Generalen der der Südstaaten. Der Fall ist ziemlich klar. Antizivilatorischer, antimoderner als die Confederation wird es nicht mehr. Und nicht nur das. Die Verfassung der USA sagt in Art. 3, s.3 „Treason against the United States, shall consist … in levying war against them, or in adhering to their enemies, giving them aid and comfort.“ Die Denkmäler, die jetzt fallen, sind solche von Hochverrätern. Die, die sie in direkter Aktion stürzen, handeln als zivile Bürger eines zivilen Staates. Das ist der Kontext des Anschlags von Charlestonville.

Über den jetzigen Präsidenten, dieses „Residuum des Fortschritts“, liest man in der „Foreign Policy“ schlicht und zutreffend, dieser sei ein Nazi-Sympathisant. Es lässt sich schlecht etwas anderes sagen. Neuerdings hat die amerikanische Linke auch eine Antifa. Die Polarisierung des Landes und die Perspektive des Bürgerkriegs ist nicht erfunden worden von irgendwelchen Feinden der Zivilisation, sondern ganz konsequent aus dem Lauf der Dinge unter Kapital und Staat herausgewachsen. Und Trumps Leute sind Partei und Agent dieser Entwicklung. Der Bahamas-Fraktion war das bisher kein Wort wert, trotz ihres bekannten Fetischismus des Staates. Vielleicht hat sie den Fetisch ja auch bereits klammheimlich ausgetauscht?

4. Wenn man dann mal etwa in der „Foreign Policy“, was ja nun wirklich kein Extremistenorgan ist (ernsthaftes Lob, das man da für Leute findet: der hätte auch in einem Kabinett Jeb Bush arbeiten können) anfängt weiterzublättern, wird es immer nur noch besser. Im Umfeld von Trumps White House gehört es zu den gängigen Methoden, Mitarbeiter (Laufbahnbeamte), die als „anti-russisch“ gelten, durch Nazi-Trolls und Morddrohungen einschüchtern zu lassen. Und zwar funktioniert diese Methode bei Mitarbeitern des National Security Council, also dem Gremium, das festlegt, wen die amerikanischen Drohnenstreitkräfte töten dürfen. Wer hat eigentlich verflucht noch mal in diesem Land das sagen?

Es sind gar nicht mal nur Leute wie Stephen Bannon, sondern es sind auch selbst Laufbahnbeamte mit Sicherheitsfreigaben, die folgende uns nicht unbekannte Sprache führen:

Globalists and Islamists recognize that for their visions to succeed, America, both as an ideal and as a national and political identity, must be destroyed. … Islamists ally with cultural Marxists because, as far back as the 1980s, they properly assessed that the left has a strong chance of reducing Western civilization to its benefit.

Globalisten! Kultur-Marxisten! Das schreibt in einem Memorandum ein Karrierebeamter namens Higgins, und bedient sich der Sprache des Anders Breivik. Das ist der Teil des Apparats, der für Trumps Politik bereit und nützlich ist. Das ist die Koalition von Irren, die diese Regierung trägt.

A source close to Higgins said that specifically, Higgins had been pushing for the declassification of Presidential Study Directive 11, a classified report produced in 2010 by the Obama administration which presaged the Arab Spring, outlining unrest throughout the Middle East. The directive has become a shibboleth of activists such as Frank Gaffney, who see it as evidence of the Obama administration’s links to the Muslim Brotherhood and other Islamist groups.

Dieser Report war ein Versuch, abzuschätzen, was in der arabischen Politik wackeln könnte. Und zwar deswegen wackeln könnte, weil die Bevölkerungen den Stillstand, die Perspektivlosigkeit, die Polizeigewalt der arabischen Regime nicht mehr lange ertragen würden, wie man seit dem Streik in Mahalla al-Kubra wissen konnte. Wegen Arbeiterstreiks, und nicht etwa wegen einer Verschwörung von Globalisten und Islamisten, die mit der Revolution von 2011 übrigens garnichts zu tun hatten. Es sagt viel über die Leute aus, die den ganzen Dreck verwalten, dass ihnen dieser einfache Sachverhalt über die Hutschnur geht.

(Es sagt sehr viel über Herrn Gremliza von der Konkret aus, dass er das ganz ähnlich sieht. Ebenso wie über Frau Wagenknecht und Herrn Elsässer. Das liegt vielleicht weniger daran, dass die beiden letzteren auch von Gremlizas heissem Blatt grossgezogen worden sind; man findet diese Vorstellung auch sonst im Milieu der ehemaligen DKP, und der anderen leninistischen Sekten. Wenn die in der neuen Ausgabe (sng) offenbar vorherrschende scheinbare Linkswende der Bahamas nicht wieder schnell kassiert wird, wird man sich dort auch einen „kritischen“ Begriff der „Globalisten“ ausdenken müssen. Sie reden ja da von „den Arbeitern“, als ob diese Trump gewählt hätten. Das verspricht sehr interessant zu werden, weil „Globalisten“ ein Dog Whistle-Begriff des Antisemitismus ist.)

Geheimdienstleute, die Verschwörungstheorien anhängen? Ganz offensichtlich. Weiter gehts:

“While opposition to President Trump manifests itself through political warfare memes centered on cultural Marxist narratives, this hardly means that opposition is limited to Marxists as conventionally understood,” the memo reads. “Having become the dominant cultural meme, some benefit from it while others are captured by it; including ‘deep state’ actors, globalists, bankers, Islamists, and establishment Republicans.”

Ein veritable Weltverschwörung. Aber warum glauben Geheimdienstleute so Zeug, anstatt sich an die Dinge zu halten, die sie kraft Amtes wissen? Warum reden sie vom „deep state“, als ob das etwas anderes wäre als sie selbst? Zwei Möglichkeiten: entweder weil sie wirklich mehr wissen als wir, was offensichtlich nicht wahr ist, oder aus einem komplizierteren Grund, der mit geistiger Dissoziation zu tun hat. Nehmen wir folgendes Prachtexemplar, Trumps ersten Sicherheitsberater, Flynn.

The memo’s repeated references to the Muslim Brotherhood — which is grouped among “key international players that includes the European Union and the United Nations — surprised few inside the NSC familiar with what had been a Flynn obsession. “Oh look, it’s the newest member of the Muslim Brotherhood,” was a common joke among those critical of Flynn loyalists, and what they regarded as a conspiracy theory, a source close to the NSC said.

Flynn war besessen von der Muslimbruderschaft und deren immensem schädlichen Einfluss! Weswegen nochmal ist dieser Mann von seinem Posten entfernt worden? Ach ja, weil er als Lobbyist für Erdogan gearbeitet hat, ohne das zu deklarieren. Echt jetzt? Erdogan, das ist aber doch die Muslimbruderschaft! Diese Leute sind also besessen von dem immensen Einfluss eines Geheimbundes, den sie weit übertreiben und dem sie die Urheberschaft aller Aufstände, Revolutionen und Kriege des Mittleren Ostens zuschreiben; und wie zum Beweis dessen, dass das Wahnideen sind, krönen sie sie dadurch, dass sie für genau diese Leute arbeiten, ohne dass ihnen etwas auffällt. Das ist, was ich mit Dissoziation meine: man kann wirklicher Agent der realen Muslimbruderschaft sein und trotzdem überall Agenten einer Muslimbruderschaft am Werk sehen, die es so nur in der eigenen Imagination gibt.

Solche Leute sind da grade unterwegs. Die „Globalisten“ wollen das Vaterland zerstören, im Bunde mit den Marxisten: das ist nicht Reagan, nicht einmal Nixon, das ist Charles Lindbergh oder Henry Ford. Davon sehen Leute wie Klaue und Krug völlig ab. Kann man das tun, wenn man Anti-Trumpismus als „Anti-Amerikanismus“ anaylsiert? Nein, das kann man auf keinen Fall. Es sei denn, man denkt tief im Herzen selbst so wie die Flynn und Higgins und alle diese Verrückten. Und mal ehrlich, wen würde es denn wundern, wenn solches wie dieses Memo in der Jungen Welt oder Konkret oder Bahamas stünde? Die Bahamas sind eigentlich bei ihren Versuchen, die Linke zu verlassen, gar nicht so weit gekommen. Jedenfalls nicht weit genug. Sie kann heute Gremliza und Wagenknecht die Hand reichen, um nicht zu sagen: Elsässer. Was für eine family reunion, es ist fast wieder wie 1998.