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„…wer uns verstehen will, muss sich erst bemühen…“

…den Boden aufzufinden, auf dem wir stehen“. (Gustav Landauer)

leadImage_leadimageSchon witzig: alle paar Jahre beschäftigt man sich mit dem Anarchismus, findet durchaus lobende Worte dafür und stellt abschließend fest, das ist so etwas für die ruralen Gesellschaften der sog. Dritten Welt und passt zu Deutschland nicht so recht. (Wollte übrigens auch früher nicht zu Deutschland passen, just sayin‘.) So etwa ila 2012, ph(r)ase2 2015 und nun – befasst sich iz3w in „Tschüss, die Herrschaften“ mit dem weltweiten Anarchismus. Erfreulich ist es, keine Widerrede. Wer schafft nun als Erster in zwei-drei Jahren die nächste Ausgabe zu diesem Schwerpunkt? Die Blätter für deutsche und internationale Politik oder das Grosse Thier? Wir werden es erfahren, wenn es soweit ist.

Die Juli/August-Ausgabe von iz3w hat spannende Beiträge zu bieten: zu Indien, zu Phillipinen, zu Bolivien, zu „Black Anarchism“ und zur neu gegründeten syndikalistischen Internationale (höhö!). Unter anderem haben auch werte GenossInnen von der Anarchistischen Gruppe Freiburg werte GenossInnen von Anarchist Black Cross Belarus interviewt, was uns wiederum zusätzlich freut.

„…eine Diktatur manifestiert sich in dem Versuch, jeden Aspekt deines Lebens zu kontrollieren. Deine Wünsche gehören nicht dir, es wird vielmehr von oben herab entschieden, was du zu wollen hast. Sie manifestiert sich in dem Druck auf Angestellte des öffentlichen Dienstes, die Staatszeitungen zu abonnieren oder an staatlich organisierten Versammlungen teilzunehmen. Sie übt Druck auf Studierende und ArbeiterInnen aus, wählen zu gehen, um nicht aus dem Wohnheim geworfen oder am Arbeitsplatz kontrolliert zu werden. Es ist nahezu unmöglich, eine Veranstaltung auf der Straße ohne staatliche Genehmigung durchzuführen. Eine Diktatur trifft den Kern der Gesellschaft: Sie zerstört zwischenmenschliche Verbindungen, versucht dich vom Rest der Gesellschaft zu isolieren und minimiert so die Möglichkeit, dich zu organisieren oder auch nur den Status Quo zu hinterfragen. In einer Diktatur stehst du dem Staat ganz allein gegenüber. Es gibt das Sprichwort: ‚Wir hoffen das Beste und sind auf das Schlimmste gefasst‘. Und so hoffen wir, dass die Diktatur vielleicht in ein paar Tagen schon vorbei ist, aber bereiten uns darauf vor, dass sie noch lange Zeit bleiben wird. (…)

Der Kampf gegen die Diktatur ist nicht nur ein Kampf gegen Lukaschenko, sondern auch auch dafür, dass das Gleiche nicht auch in anderen Ländern passiert. Liberale Länder sind oft näher an autoritärer Herrschaft als sie denken. Von seinen Nachbarn zu lernen, kann der erste Schritt sein, dieser vorzubeugen“.

Wir haben schon gehört, dass es besser ist, sich bereits im Sommer warm anzuziehen.

Verkaufsstellen der iz3w.

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Service

Für diejenigen von uns, die in der Gastro arbeiten, ist es vielleicht interessant, sich diesen Aspekt anzusehen:

The owner of the Red Hen restaurant in Lexington, Virginia explained why she ejected White House press secretary Sarah Huckabee Sanders from the establishment on Friday evening.

Wilkinson explained that she queried her employees about what to do, knowing several employees were gay and all the staff had all watched the press secretary evade questions while defending Trump’s border separation policy.

“Tell me what you want me to do. I can ask her to leave,” she told her employees. “They said yes.”

The owner politely asked Sanders to step out on the patio “for a word.”

“I was babbling a little, but I got my point across in a polite and direct fashion,” Wilkinson said. “I explained that the restaurant has certain standards that I feel it has to uphold, such as honesty, and compassion, and cooperation.”

After explaining her reasoning, she said, “I’d like to ask you to leave.”

Das wird natürlich kontrovers diskutiert, ob man solche Leute öffentlich shamen sollte. Trump selbst ist es allerdings wohl schon lange gewohnt, öffentlich angefeindet zu werden:

“The thing that’s so funny to me is, a lot of times when people will see me across the street or something, they really think it’s him, especially if I’m in profile or sort of have my back to them,” he says. “The first thing people do is they laugh and they point. So in that sense, I’m like, my god, what a hard life that is that the first instinct of people is to point at you like a circus freak and then laugh at you

Hier sieht man einen Historiker (!) argumentieren, der bessere move sei „slow service“. Ich gebe das mal den Kolleginnen und Kollegen zu bedenken. Es wird ja sicherlich das eine oder andere Mal vorkommen, dass man so Leute da sitzen hat: (8:03)

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Brief an die Leser

Aufgemerkt, Lesepöbel!

Wie Sie der Vierteljahresschrift für neuere Ideologiekritik entnehmen können, hat der Untergang der Satire schon vor geraumer Zeit begonnen:

die Bockenheimer Gazette Titanic, die spätestens seit dem Abgang der ersten Generation der Neuen Frankfurter Schule um Eckhard Henscheid einen festen Platz im neudeutsch geläuterten Humorbetrieb hat. Auf PARTEI-Plakaten oder in der Titanic darf es so richtig schlüpfrig und zynisch zugehen, im Zweifelsfall hat man es eben nicht so gemeint. Sie wähnen sich beim kollektiven Gekicher als linke Tabubrecher und übersetzen doch nur die Leitartikel der Süddeutschen Zeitung mit den Mitteln der Zote ins Humordeutsche. Und

Schlimm, diese Leute, seit der grosse Henscheid nicht mehr da ist,

der im übrigen keine „leichte Unterhaltung“, sondern Kunst produziert

. Vor 15 Jahren konnte man über Henscheid lesen:

Der Schriftsteller und Satiriker Eckhard Henscheid hat in einem Interview mit der rechtsgerichteten Zeitschrift „Junge Freiheit“ FDP-Vize Jürgen Möllemann gegenüber Antisemitismus-Vorwürfen verteidigt. Er bedaure, dass Möllemann „leider fast alles“ wieder zurück genommen habe. Wer wie Paul Spiegel, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, den Holocaust und Möllemanns Äußerungen über Friedman in einen Zusammenhang bringe, habe das Recht verwirkt, für voll genommen zu werden. Henscheid erklärte, Möllemann hätte dem „offenbar kein Maß mehr kennenden Fernsehkasper Friedman“ standhaft Paroli bieten sollen. „Wenn Möllemanns Aussagen einen Klimawechsel in Deutschland bewirken sollten, hat dieser Klimawechsel meinen Segen.“ Außerdem kritisierte Henscheid Marcel Reich-Ranickis Ablehnung des Walser-Romans „Tod eines Kritikers“. Da es darin um Reich-Ranicki gehe, hätte dieser „lieber den Mund halten sollen“. Tsp

In der Tat keine „leichte Unterhaltung“, die der Mann produziert. Sondern gehobenes Feuilleton. Hier wird nicht im „kollektiven Gekicher“ der Leitartikel der Süddeutschen, sondern völlig im Ernst der der FAZ (von 1986) „übersetzt“. Und „man hat es eben“ ganz genau so auch „gemeint“. Das wissen zu schätzen ausgerechnet die wortgewaltigen Kritiker des Antisemitismus auf der

Bahamas.

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17.7. Halle: „Wir sind die russische Gegenrevolution“. Vom staatlich geförderten Faschismus in Russland und seinen Vestrickungen in der Ukraine

Die ukrainische Krise 2014 und der darauf folgende Krieg im Osten des Landes scheinen die europäische Linke nicht weniger zu überfordern als z.B. der Krieg in Syrien. Den Krieg in der Ukraine auf die Regiemekrise in Russland von 2011 zurückzuführen, würde einen viel radikaleren Begriff von der Politik erfordern, als linke Freunde des Politikmachens ihn haben könnten. In diesem Krieg würde – je nach dem Maß der Ignoranz linker Betrachter – entweder eine bedrängte antifaschistische Schutzmacht gegen die Vortrupps der NATO und der USA oder zwei gleichwertige Faschismen gegeneinander kämpfen. In Wirklichkeit vielmehr, kämpfen zwei verbrüderte Faschismen Seite an Seite gegen etwas, wovon der europäischen (und nicht nur dieser) Linken anscheinend der Begriff abhanden gekommen ist. (Damit ist nicht gesagt, dass das russische oder ukrainische Regime direkt faschistisch wären). Nicht nur wurden die Marionettenregimes der sog. Volksrepubliken etabliert, damit alles bleibe, wie es ist, auch im Inneren der Ukraine wirken Kräfte, die mehr mit Russland zu tun haben, als es auf den ersten Blick scheinen kann.

Als Ausgangspunkt für Überlegungen dazu eignet sich die Geschichte der „Kampforganisation der russischen Nationalisten“ (BORN), die zwischen 2006 und 2011 tätig war, obwohl sie bei Weitem nicht die größte und nicht die blutrünstigste Neonazi-Bande Russlands war. Die Gerichtsprozesse gegen BORN-Mitglieder wurden erst 2015 abgeschlossen und endeten mit lebenslänglichen Freiheitsstrafen für die meisten von ihnen. Bis zur Urteilsverkündung spekulierte der Chefideologe der Bande auf die vermeintlichen „Freunde von oben“, die ihn fallen ließen. Die Spuren in die Behörden und die Präsidentenadministration in die sog. „Jugendpolitik“ der damaligen Zeit, die während der Ermittlungen ans Licht gelangten, wurden nicht weiter verfolgt.

Was sagt der Umgang der Politik mit dem Fall BORN über das Regime Putin aus, welches Rechtsextreme im Inneren an kurzer Leine führt und Rechtspopulisten und Faschisten in Europa anfüttert? Die angebliche „Domestizierung“ der rechten Gewalt, die der russische Staat seit dem Ende der 2000er Jahre betreibt, bedeutet kein Abflauen der Gewalt, sondern nur noch, dass neonazistische Schläger verstärkt in Dienst genommen, weiterhin gegen jeglichen gesellschaftlichen Dissens eingesetzt und weitere Todesopfer gefordert werden. Rassistische Gewalt auf Russlands Straßen bleibt weiterhin virulent. Der Vortrag bietet einen Überblick über zeitgenössische rechtsextreme Tendenzen in Russland.

Ein Vortrag von Ndejra in VL in der Ludwigstraße 37, Halle a. Saale, 20 Uhr.