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Die Mistschüssel von Kertsch

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Bild geklaut bei ZDF

Nun, zum Fall der drei Schiffe der ukrainischen Marine, die auf dem Weg von einem ukrainischen Hafen zum anderen ukrainischen Hafen in der Meeresenge von Kertsch von der russischen Küstenwache gerammt, beschossen und schließlich beschlagnahmt wurden: nicht, dass es so unerwartet käme. So hieß es z.B. in einem Lagebericht Ende August / Anfang September 2018:

The only area where confrontation with Russia has seriously increased is the Sea of ​​Azov. Russian border guards stop and delay ships going to or from Ukrainian ports. And often the Russians act in close proximity to the ports of Mariupol and Berdyansk. Ukraine has concentrated on the coast some forces to repel a possible attack from the sea, but it can not protect its vessels, especially since Russia operates within the framework of a bilateral treaty on the status of the Azov Sea. Ukraine could also stop Russian vessels under this treaty, but it has absolutely no means of doing so- the Ukrainian coast guard is seriously inferior to the contingent of the Border Service and the Black Sea Fleet of the Russian Federation in the Azov Sea, and the Ukrainian Navy in the Sea of ​​Azov is absent altogether.

Ich glaube zwar nicht, dass man die WELT als unparteiische Nachrichtenplattform ansehen kann, aber zum Vergegenwärtigen der aktuellen Lage im russisch-ukrainischen Konflikt reicht es erst mal aus:

Mögliche Motive für eine Zuspitzung haben beide Staatschefs – Poroschenko wie Putin. Die Ukraine hat die Krim 2014 verloren. Russland verleibte sich die Halbinsel ein nach einem international nicht anerkannten Referendum. Aus Moskauer Sicht wurde der historische Fehler korrigiert, dass der sowjetische Parteichef Nikita Chruschtschow die Krim 1954 von Russland der Ukraine übertragen hat. (…)

Mögliche Motive für eine Zuspitzung haben beide Staatschefs – Poroschenko wie Putin. Die Ukraine hat die Krim 2014 verloren. Russland verleibte sich die Halbinsel ein nach einem international nicht anerkannten Referendum. Aus Moskauer Sicht wurde der historische Fehler korrigiert, dass der sowjetische Parteichef Nikita Chruschtschow die Krim 1954 von Russland der Ukraine übertragen hat. (…)

Auch der Kremlchef ist nach seiner triumphalen Wiederwahl vom März innenpolitisch unerwartet unter Druck geraten. Die russische Bevölkerung nimmt ihm eine Rentenreform nachhaltig übel. Deshalb ein Ablenkungsmanöver? Die Heimholung der Krim hat seiner Popularität schon 2014 geholfen.

Und nein, natürlich würde die NATO der Ukraine nicht beistehen. Das hätte man sich auch August 2008 merken können, als Russland dem NATO-Anwärter Georgien südossetische Gebiete streitig gemacht hatte. Man weiß also, wo man da steht. Das Kriegsrecht, über welches man hin und wieder seit 2014 gesprochen hatte, wurde doch noch ausgerufen. Und ja, es war bis jetzt kein „offiziell ausgerufener“ Krieg zwischen zwei souveränen Staaten, es war bis jetzt eine „popelige“ Antiterror-Operation, in der immerhin etwa 10000 Menschen umgekommen sind. Dies zur Erinnerung. Das Kriegsrecht, wie auch immer, ist auf 10 Grenzregione beschränkt (interessanterweise auch an Moldawien grenzende Gebiete), wird nur im Falle einer militärischen Invasion Russlands räumlich ausgeweitert, erst ein mal nur auf 30 Tage begrenzt und soll die kommenden Präsidentschaftswahlen im März 2019 nicht beeinflussen.

Für eine vom NATO-Faschismus gesponsorte antikommunistische Schokoladen-Junta eine recht schwache Leistung, wa? Die Reservisten packen schon mal ihre Sachen, die Zivilbevölkerung hat sich noch nicht über Lebensmittel hergemacht und alle sind sich jedenfalls sicher, dass die „hart erarbeitete“ Autokephalie die erste Regierungszeit Poroschenkos kaum retten wird. Die „linke“ und „liberale“ Öffentlichkeit Russlands bevorzugt, gerade über alles Mögliche zu reden, nur nicht über Kertsch. Diejenigen „Weltevolutionäre“ aber, die meinen auch hier wider besseres Wissen „alle Seiten des Konflikts“ berücksichtigen und „den Krieg als solchen“ verurteilen, sprich in geübter Manier dem ukrainischen Staat und den ihn bevölkernden Menschen das Selbstverteidigungsrecht gegen ihren netten Nachbarn absprechen zu müssen, müssen irgendwann mal auch eine große Schüssel Schweinemist in Betracht ziehen, die sie mit Teelöffelchen auslöffeln werden. Meinst du, Genosse, es wird ihnen schmecken?

spf

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Ein netter Versuch. Nicht.

Witzig, wenn die sogenannte Neue Rechte das Geburtstag von Karl Marx „feiert“, doppelt witzig, wenn sie zu diesem Anlass in einem Vortrag erklärt, was sie eigentlich von Marx will.

Es sind Leute, die uns in dieser humorlosen Welt schon so manche Tage mit ihren Streichen versüßt haben. Hier in diesem Fall ist es Alexander Marcovics, der ehemalige Anführer der österreichischen Identitären, heute der Vorstand des pro-russischen „think tank“, des Suworow-Instituts in Wien. Und zwar mit dem Vortrag „Marx von rechts – Karl Marx‘ Botschaft an die patriotische Jugend“. Tadellos vorgetragen, es gehört schließlich zu den wichtigsten Disziplinen des wissenschaftlichen Arbeitens, sich anständig zu kleiden und selbstsicher grinsend dem Publikum egal was für bullshit aufzutischen. Haben wir das nicht alle so an der Uni gelernt?

Es bezieht sich die ganze Zeit auf ein kleines Büchlein namens „Marx von rechts“ von einem Sezession-Autoren Benedikt Kaiser, Alain de Benoist, der unserer Leserschaft wohl bekannt sein dürfte, und einem gewissen Diego Fusaro, den Marcovics als einen „orthodoxen Marxisten“ vorstellt. Was dieser als Schüler von Constanzo Preve, der seinerseits vom Operaismus auf die Positionen des völkischen Antikapitalismus -übergegangen ist,  sicher nicht ist. Warum macht das Marcovics? Um etwa zum wiederholten Male eine Querfront gegen die schlechte Wirklichkeit zu suggerieren, die es damals mit der Antiimperialistischen Aktion nicht gab, da die AA selbst für die dümmsten Linken immer noch zu dumm und folglich völlig marginalisiert ist.

Lassen wir uns den originellen Vortrag nicht durch solch billige Lügen vermiesen. Es geht schließlich gegen die liberale Dreieinigkeit aus Kapitalismus, Religion der Menschenrechte und Marktgesellschaft. Der Referent plädiert dafür, dass die Rechte, die diesen Namen verdient, sich nicht mehr auf das kulturpessimistische Gejammer beschränkt, sonder sich Gedanken über die allgemeine gewaltsame Vergleichung über den Wert macht. Sogar die fachmännische Aufteilung des Marx’schen Ouevre in „jungen“ und „alten Marx“ macht er mit. Lernt man doch auch an der Uni. Und sieh einer an: nachdem er die Kategorien des Kapitals auf die Schnelle auseinandergesetzt hat, gibt es „kein Subjekt“ der Herrschaft, keine globalistische Elite und keine jüdische Weltverschwörung. Alle Achtung!

Wer denkt, so viel Korrekturen kann der völkische Antikapitalismus (oder im Klartext – der nationale Sozialismus) der (Neu-)Rechten unbeschädigt nicht überstehen, irrt sich. Die subjektlose Herrschaft des Kapitals ist Masseneinwanderung nach Europa, die letzten Endes unsere Heimat zerstört, sie ist aktuell geführte Krieg im Donbass und die Kriegstreiberei gegen Russland, wo es bekanntlich noch keinen Kapitalismus ist. Sie ist Krieg und Hunger in der sogenannten „Dritten Welt“, sie sich langsam in die „Erste Welt“ verlagern und hier die hart erarbeitete Klassenkompromisse zersetzen. Schließlich ist der Kapitalismus die Kölner Sylvesternacht. Kapitalismus ist Einwanderung –  das ist die  Botschaft an die patriotische Jugend, allerdings nicht von Marx, aber von de Benoist.

Eine weitere Lüge also, eine weite Perfidie der Vereinnahmung. Mal sehen, ob die Arschgeigen etwas vergleichbares zum 22. Januar, dem Geburtstag den von ihnen nicht minder respektierten Marxisten Antonio Gramsci, absondern. Die Konzeption des Kulturkampfes haben sie ja angeblich von Gramsci. Ich meine, sie müssten schon aufzeigen, wo es bei Gramsci steht, dass man mit dermaßen billig produzierten Lügen seine höhere „Kultur“ unter Beweis stellen und verteidigen kann.

spf

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Währenddessen in Bulgarien

Neues im Prozess gegen die Angeklagten Harmanli, Bulgarien, wo Flüchtlinge bei Protesten gegen die Überfüllung des Lagers und die inhumane Unterbringung anscheinend einen Speisesaal beschädigt hatten. 21 davon sind jetzt wegen aller nur erdenklichen staatsgefährdenden Umtriebe angeklagt, wir berichteten.

Unterstützung jeder Art für die Leute, die gegen solche Zustände in den europäischen Grenzsstaaten ankämpfen, ist immer sinnvoll. Demnächst mehr!

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Zum Stand des Antifaschismus in Polen: „Wir sind etwas besser organisiert als vor vier Jahren“

(Aus dem aktuellen Anlass aus dem aktuellen Heft, sozusagen, da in Polen die Regierungspartei PiS die gemeinsame Sache mit den ONR-Faschos macht und die Solidarnosc gerne dabei ist, als wär‘ nix: Interview mit Antifaschisten und Anarcho-Syndikalisten Jakub Neumann. Gibt’s auch hier in englischer Fassung, aber ohne die ganzen guten Fußnoten. – das GT)

Seit die Prawo i Sprawiedliwość (PiS) 2015 an die Macht kam, hat sich in der polnischen Gesellschaft einiges verändert. Dazu habe ich ein paar Fragen.Warum haben sozialdemokratische oder sozialliberale Kräfte wie die Bürgerplattform (PO) die Wahlen nach der Krise verloren? Wo ist in diesem ganzen Durcheinander die Solidarnosc?

PO ist nicht und war nie eine sozialdemokratische oder sozialliberale Kraft. Sie ist eine typische konservativ-liberale Partei, mit starken Verbindungen zur CDU, dem Partido Popular oder Fidesz. Sie hat sehr lange regiert, aber ihre Macht basierte auf Angst – Menschen, die sich an die schrecklichen zwei Jahre der rechtspopulistischen PiS-LPR-Samoobrona-Koalition erinnerten. Die PO hat verloren, weil sie sich nicht für soziale Fragen interessiert hat und sich sicher war, dass ihre konservativ-liberale Agenda für einen erneuten Sieg ausreichen würde. In Polen sind die Parteien und ihre Wähler nicht deckungsgleich, weil Leute eine Partei gegen eine andere Partei wählen. Während der Ukraine-Krise und der Eskalation des Syrien-Konflikts hat sich weltweit das politische Klima verändert. Der hybride Krieg hat der PiS sehr geholfen. Es sollte angemerkt werden, dass die PiS in diesem Zeitraum noch radikaler wurde und dass die antimuslimische Rhetorik der Nazirhetorik gegen die Juden sehr ähnelte. Nach der Aufdeckung des Skandals um Cambridge Analytica und Facebook wissen wir auch, wer die PiS-Regierung mithilfe massiver Propaganda in der sozialen Medien eingesetzt hat.

Das Problem ist, dass die liberale Opposition auch rechts ist. Sie kritisieren die Politik der PiS nur aus einer neoliberalen Position und stimmten gegen die Liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung. Sie stimmten auch für das offizielle Lob des NSZ (1), der extrem rechten antikommunistischen und antisemitischen Guerilla im 2. WK, im Gegensatz zur AK (2), der führenden antideutschen Widerstandsbewegung.

Solidarnosc ist keine normale Gewerkschaft. Sie ist vielmehr eine national-konservative antikommunistische Bewegung, die hin und wieder soziale Bewegungen unterstützt. Ihr früherer Vorsitzender Janusz Śniadek wurde später PiS-Abgeordneter, der derzeitige Vorsitzende Piotr Duda behauptet, dass die Gewerkschaft unter seiner Führung apolitisch sein würde. Doch sie ist stärker pro-PiS eingestellt als je zuvor. Ihre Zusammenarbeit mit neofaschistischen Bewegung ist ein separates Thema, das auf einer weltweiten Ebene diskutiert werden sollte. Internationale Gewerkschaften, die in ihren Ländern gegen die extreme Rechte auftreten, haben nichts gegen andere Gewerkschaften in anderen Ländern, die extrem rechte Regierungen und neofaschistische Organisationen unterstützen. Wenn sie solche Positionen unterstützen, sollten sie das meiner Meinung nach in ihren Ländern tun und solches Verhalten nicht in Polen legitimieren.

Welche Veränderungen durch die Justiz- und Medienreformen sind schon festzustellen? Weiterlesen