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…wie der Pfeffi zum Hefe.

Ermahnung an die materialistische Religionskritik

von Ndejra

(es handelt sich somit um den letzten Artikel aus der Ausgabe #13 – das GT)

Am 31. März lud die Autodidaktische Initiative in Leipzig zu einer Veranstaltung über den sogenannten antimuslimischen Rassismus und muslimischen Feminismus ein. Antifaschistische Linke International (ALI) aus Göttingen sollte dabei von ihren Ideen und praktischen Erfahrungen diesbezüglich berichten. Da ich, erstens, an dem Abend entschieden nichts Besseres zu tun hatte und, zweitens, die Broschüre „A Woman’s Voice is a Revolution“ und ihre Fortsetzung wenigsten vom Sehen her kannte, die Auseinandersetzung damit aber lange vor mir her schob, drittens felsenfest der Meinung war, solche Konzepte wie „antimuslimischer Rassismus“ und „muslimischer Feminismus“ nicht ernst nehmen zu müssen, beschoss ich, mir das Ganze wenigstens mal anzuhören und womöglich noch Zeit und Kraft für die Auseinandersetzung zu sparen. Ich bin nicht klüger geworden, so viel kann ich bereits verraten.

Ich will weder auf die politischen Einstellungen des ADI-Publikums von seinem Aussehen her schließen, noch bin ich imstande oder möchte auch nur großartig den relativ platten Vortrag wiedergeben. Warum also nicht einfach das Thema als weiteren postmodernistischen, gegenaufklärerischen und von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gesponsorten Blödsinn abtun, den die deutsche Linke wie am laufenden Band produziert, einfach unter „Antiimps wieder mal auf Kuschelkurs mit dem Islam“ abspeichern? Der Ausgangspunkt, die Fragestellung der umtriebigen AntifaschistInnen aus Göttingen schien mir grundsätzlich richtig. Dass sie sich auf die Suche nach praktischen Antworten begeben und allerdings schon bei theoretischen Überlegungen mit schlafwandlerischer Sicherheit verirrt haben, verdient zumindest wohlwollende Kenntnisnahme. Die Erfahrungen, die sie dabei gemacht haben, halte ich für wichtig.

Etwa 2016 oder bereits davor stellten diese Leute wohl fest, sie haben öfters mit der muslimischen Community in der Stadt zu tun, kennen sie aber nicht. Wo sie Insider-Wissen oder politische Bündnispartner brauchten, waren sie gezwungen über die Community, aber nicht mit ihr zu reden (soweit man mit der ganzen Community überhaupt reden kann). Dass man bei antifaschistischen Interventionen keine Stellvertreterpolitik machen will, ist vollkommen korrekt; ob jemand ausgerechnet zusammen mit dem örtlichen DITIB-Verein gegen deutsche Neonazis vorgehen will, muss jedeR für sich selbst entscheiden. Ich kenne das Problem allerdings auch von woanders her, wo vor ein paar Jahren die kurdische Community mit Antifas auf der Straße gegen Nazis liefen und einander gründlich missverstanden haben. Also, um solche Missstände zu beheben und für theoretische und praktische Annäherung zu sorgen, wurden in Göttingen eine Veranstaltungsreihe zum antimuslimischen Rassismus, eine Poetry-Slam nach dem freikirchlich-adventistischen Vorbild namens „I,Slam“, wo muslimische Jugendliche ungeniert über ihre „Identität“ fabulieren konnten, und ein Filmeabend mit „Taqwacore“ (1) und anderen Filmen organisiert. (2) Der Output der Bemühungen: keine erhofften Antworten oder gar Anleitungen, dafür noch mehr Fragen und diese zwei dünnen Broschüren, mit denen die Leute immer noch durch das Land touren, um, wie sie sagten, die Szene zu „sensibilisieren“. Weiterlesen

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Der linksverwirrte Flügel des Antikommunismus

von Jakob H.

Vor kurzem haben wir aus maritimen Gefilden mit Seepferdchenpopulation erfahren können, dass ein Schriftsteller, FAZ-Redakteur und bekennender Kommunist namens Dietmar Dath nun künftig als ein von allen Geistern verlassener Feuilletonist mit krudem DDR-Sprech zu bezeichnen sei, weil er zum einen mit der Splitterpartei DKP fraternisiert und zum anderen einen lokalen Freiburger Radiosender als das bezeichnet hat, was er ist, nämlich linksliberal anarchistisch sponti-linksradikal. Es gäbe möglicherweise andere und bessere Gründe, das über Dath zu sagen. Oder auch anderes. Jeder kämpft ja auf dem verlorenen Posten, auf dem man nun einmal ist – so gut oder schlecht es eben geht. Und wäre man ehrlicher, wüsste man auch, dass das alles gar nicht so schlimm ist. Ebenso wie die DKP. Auch die stellt nur eine der Politsekten dar, die sich so tummeln. Gegründet 1968 von Leuten, die den Geist der Revolte zumindest so ernst nahmen, dass sie nicht nur Kinderläden, Körnerfresserei und Yogawochenende haben wollten, sondern den auf mehr oder weniger gemütlichen Wege zu erreichenden Kommunismus, gründeten sie eine Partei, die als Folge eines herrschenden Verbots und mehr noch als Folge der inzwischen sich anbahnenden friedlichen Koexistenz von Staatssozialismus und kapitalistischer Demokratie als Mangel nicht nur einen Buchstabendreher hat, sondern auch den Verzicht auf allzu offensichtliche revolutionäre Bestrebungen. Und da der 1968ff neu eintretende Lehrerhaufen andererseits mit eben der taktisch begründeten friedlichen Koexistenz gut leben konnte, kämpften und kämpfen in dieser Partei, wie in nahezu jeder anderen Politsekte auch, ein revisionistischer mit einem weniger revisionistischen Flügel, wobei es sich versteht, dass der vernünftige, also nicht revisionistische Flügel grundsätzlich in der Minderheit blieb.

Ehrlicherweise muss man auch sagen: Mehr war wohl zu der Zeit nicht drin. Die bundesdeutsche Gesellschaft erwies sich im Kern als reaktionärer als es die Ereignisse um 1967 nahelegen mochten, dass erfuhren auch die Studenten, die antiautoritären Sozialisten, die RAF, die K-Gruppen. Erst die Alternativen machten dann offensiv ihren Frieden mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und riefen zu den in den Achtzigern allseits beliebten »Schwitzhändchenketten« (Wolfgang Pohrt) für den Frieden auf, an denen sich dann auch die von Bedeutungslosigkeit bedrohte DKP beteiligte. In Zeiten der Reaktion bleibt niemand von Dummheiten verschont, auch wenn es besser wäre, man verzichtete auf sie. Wenn also Dietmar Dath, der im Grunde ein eifriger Propagandist der guten Sache auf feindlichem Gebiet ist, ein paar nette Worte zur DKP sagt, dann kann man das auch als Ermunterung auffassen, doch etwas in die Pötte zu kommen. Für all jene, denen der Kommunismus eine Menschheitsangelegenheit ist, zeigt sich auch die Notwendigkeit einer kommunistischen Partei. Wobei Partei hier nicht im Sinne einer parlamentarischen Partei verstanden sei, unter Umständen kann das aber der legalistische Flügel derselben sein. Partei ist einfach erstmal mehr als tradeunionistisches Bewusstsein und mehr als Seepferchensozialismus in einem AZ, wo man sich das Herz an der Lektüre historischer Texte notorischer Danebenlieger wie Trotzki, Bakunin und Pannekoeck wärmt.

»Wie nennt man einen Zusammenschluss, in dem alle – sowohl die Berufssoldatin wie der deklassierte Intellektuelle wie die Friseuse wie der Müllfahrer wie die Ärztin wie der arbeitslose Zahntechniker wie der selbstausbeutende Journalist – Kontakt mit den Klassenkämpfen aller anderen in dieser Aufzählung halten können und dann, wenn die nationalen und übernationalen Verabredungen und Antagonismen zwischen den verschiedenen Abteilungen des Feindes, der Ausbeuterklasse, wieder mal einen Krieg anzetteln, mit einer Idee von einer besseren Gesellschaft im Kopf diesem Krieg widerstehen? Sicher nicht Gewerkschaft, denn ganz offensichtlich passen nicht alle Genannten in dieselbe. Sicher aber auch nicht ›Bewegung‹, denn diese Menschen werden sich, ihre so unterschiedlichen konkreten Probleme – welche alle ja ein bis drei abstrakte Gesamtprobleme vermitteln – vorausgesetzt, nicht synchron und also schlagkräftig ›bewegen‹ können, wenn das nicht sehr arbeitsaufwendig koordiniert wird. Also, man nenne das, was die alle brauchen, wie man will, aber es ist doch eine kommunistische Partei, was denn sonst?« (Dietmar Dath)

Wie sollte man die gemeinsame Anstrengung aller am Kommunismus Interessierten auch sonst nennen? Das Geschwafel von der demokratischen Mehrheit, dem Dutschke in einem schwachen Moment verfallen war, obwohl er es besser wusste, hilft sicher nicht weiter. Das schützt zwar vorm Bolschewismus, aber zudem auch vor jeder anderen wirklichen Umwälzung der Verhältnisse. Die demokratische Mehrheit ist eine Illusion, von der allein die profitieren, die im Besitz der Mittel sind, diese manipulativ herzustellen. Für Kommunisten ist das keine Option. Kommunisten geht es um Wahrheit, nicht um Mehrheiten. Der Vernunft in der Weltgeschichte zum Durchbruch zu verhelfen, ist ihre Mission. Alle, die sich darum bemühen, gehören in eine Partei, ob sie wollen oder nicht. Streit gehört dabei zur Sache. Aber wer den Genossen aus den falschen Gründen an den Kragen will, um sie letztlich mit demokratischen Mehrheiten belehren zu wollen, erledigt objektiv das Geschäft unserer Feinde. Der Maßstab der Kritik ist ja, dass sie besser ist als das Kritisierte. Alles andere ist für unsere Sache unbrauchbar.