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Weird Shit V

So, weil wir bei weirdem Shit sind, darf natürlich gegen Ende der ernstgemeinte Debattenbeitrag der „AG“ aus Halle nicht fehlen. Text selbst natürlich sng, aber aus diesem Facebook ist uns eine Zusammenfassung zugestellt worden:

In der Tat, und stimmt es nicht sogar, dass der Staatsschutz Leuten mit Skalarwellen in den Hals schiesst? Aus dem Stockwerk drüber.

Gegen Ende finden wir noch folgende schöne Wendung:

Heute geht Ihr mit Hunderten auf die Straßen. Wenn es aber nicht deutschstämmige Nazis sondern Migranten sind, die, wie am 16. Dezember vergangenen Jahres, eine Demonstration abhalten, die offener antisemitisch ist als jeder Aufmarsch der Brigade-Suffnazis aus der hallischen Silberhöhe, dann bleibt ihr zuhause.

Vor Zeiten schrieb natürlich Martin Sellner von den Identitären über solche Leute:

Mein Prognose ist, dass im deutschen Sprachraum innerhalb der nächsten 5-6 Jahre die ersten Antifa-Demos gegen die Islamisierung entstehen könnten. Auslöser werden wohl antisemitische Übergriffe der „kulturellen Bereicherer“ und/oder antisemitische Ausfälle ihrer salafistischen Brüder sein. Eine israelsolidarische Antifa wird sich dann nicht um echte Reaktionen drücken können, bei der sie, zum ersten Mal in ihrem Leben, eine echte Front jenseits des „Gegen Rechts“-Dreiecks erleben. Das was sich dann um Blogs wie Lizas Welt, Zeitungen wie Bahamas und Denker wie Grigat und Werthmüller formieren wird, wird keine „Antifa“ im herkömmlichen Sinne, und damit eine Stütze des Status Quo sein, sondern der ernsthafte Krisenmodus einer radikalen Linken, die erkennt, dass mit dem Untergang der Völker Europas auch ihre Utopie des Kommunismus fürs Erste flöten geht.

Für einen Identitären ein ganz flotter Kopf, dieser Sellner. Woanders schreibt er über unsere Brüder von der AG:

Darüber hinaus hat sich allerdings ein Teil der Szene durch die Ereignisse nach dem 11. September 2001 einem Politikstil zugewandt, der mit dem materialistischen Verständnis von »Kritik« der ISF nur noch wenig gemein hat. Ausgangspunkt hierfür sind Paradigmen, die vor allem von der Zeitschrift Bahamas vorgegeben wurden.

In der Tat, mit dem materialistischen Verständnis der ISF Freiburg von Kritik hat das, was die Kinderbeilage der Bahamas veranstaltet, nicht mehr viel zu tun. In der Tat für einen Identitären nicht mal so dumm, wenn man ihn etwa mit Simon Kaupert vergleicht, der wirklich zu glauben scheint, Frontex importiere Flüchtlinge und die IG Metall arbeite aus linker Volksfeindlichkeit und im Auftrag der Hochfinanz auf den Niedergang der deutschen Industrie hin. Kein hoher Standard, muss man zugeben. Aber einer, wo es ziemlich blöd wäre, wenn die Linken sich noch dümmer stellen würden.

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Weird Shit IV

Was ist denn eigentlich das Ding an diesem Text Being a Bat von Felix Bartels? Anscheinend lesen den alle, und weil der so schön schreibt, fragt keiner, wie denn so etwas geht:

Was also bedeutet Ideologiekritik? Zunächst mal tatsächlich, die Welt nicht als Welt, sondern als falsches Bewusstsein von ihr zu erfassen. Das Verfahren geht auf Marx zurück, wie auch der Begriff der Ideologie selbst (der früher schon vom Comte de Tracy verwendete Ausdruck hat eine andere Bedeutung und darf hier ausgeklammert bleiben). Ideologiekritik war für Marx eine Art Propädeutikum, ehe er in der Reifephase zunehmend auf die Welt selbst kam. Sein gesamtes Frühwerk ist ja davon gezeichnet, dass er sich vom als subjektiven Idealisten missdeuteten Hegel freimacht und nicht einfach frei von ihm ist. Und während bei Marx Ideologiekritik dem Materialismus vorausgeht, ist das bei den heutigen Ideologiekritikern interessanterweise umgekehrt. Sie haben meist einen marxistischen Hintergrund, kommen von der materialistischen Methode her, und enden als Ideologiekritiker.

Kann man Ideologiekritik wirklich von den Aussagen über die wirkliche Welt abtrennen? Unter welchen Bedingungen kann man denn überhaupt Aussagen über diese wirkliche Welt machen? Unter Vermittlung des Geistes. Dessen Erzeugnisse erscheinen in diesem Verhätnis dann als etwas primäres, und die „wirkliche Welt“ als von diesem bestimmt oder produziert. Im Verhältnis zur Natur fallen wir darauf natürlich nicht herein (or do we?), aber im Verhältnis zu den gesellschaftlichen Tatsachen geht es um lauter Sachen, die von Menschen produziert werden, und zwar unter Benutzung gerade des selben Geistes. Über solche Tatsachen lässt sich nichts aussagen, was nicht auch eine ideologiekritische Bedeutung hat. Der Witz ist ja, dass es nicht nur eine solche hat, sondern (ich möchte fast sagen unmittelbar) eine real-kritische.

Das ist eigentlich eine (ich möchte fast sagen:) Grundeinsicht der kritischen Theorie, im weitesten Sinne, und trotzdem fallen mir wenige ein, die Ideologiekritik derart im strengen Sinne verstanden hätten. Manfred Dahlmann wäre der erste Name unter den Lebenden gewesen, der mir eingefallen wäre, aber der ist ja nun tot. Der hätte sich eher die Zunge abgebissen, als Ideologiekritik als so eine Art Propädeutik zu fassen.

Felix Bartels tut aber noch etwas anderes, um das kritische Kind mitsamt dem ideologiekritischen Bade ganz beruhigt ausschütten zu dürfen. Er nimmt den Bahamas ihren Anspruch, dass sie wirklich Ideologiekritik betrieben, ganz einfach und ohne zu fragen auch ab. Und das tun sie gar nicht. Es fällt ihm schon auch auf, dass die schon lange nicht mehr über wirkliche Dinge reden wollen, sondern nur darüber, wie andere Leute über diese Dinge reden. Er findet sich aber anscheinend damit ab, das sei nun (formal) Ideologekritik.

Stattdessen könnte man auch sagen: nein, sondern das ist ganz genau dasselbe, was man landläufig meint, wenn man „postmodern“ sagt. Ein Haufen Leute, die gar keine ernsthaft als sachbezogene gemeinten Aussagen austauschen, sondern Aussagen über Aussagen. Statt zu schauen, was z.B. in Ägypten passiert, schaut man, was die Zeitung drüber schreibt, und dann leitet man aus dem, was die Zeitung sonst noch so schreibt, ab, was man dann von Ägypten halten soll. Oder, wenn man z.B. Magnus Klaue ist, schreibt man das ensprechende Feuilleton, das alle abschreiben, gleich selbst.

Felix Bartels scheint der Unterschied wurst zu sein, den verbliebenen Antideutschen oder materialistischen Kritiker oder wie sie sich nennen, sollte das nicht egal sein. Die sogenannte ideologiekritische Schule, auch die wiener, steht vor grösseren Anstrengungen, wenn sie nicht einfach untergehen will. Man kann nicht glauben, dass man unter solchen Umständen ruhig ein Blatt wie die Sans Phrase vollschreiben kann, unangefochten; weil man wird angefochten, und man wird angefochten werden, und wenn ihr eure eigene Kritik nicht selbst in die Hand nehmt, dann müssen wir das tun. Oder ist es euch lieber, es bleibt nur noch die Wahl zwischen Felix Bartels und der Bahamas?

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Weird Shit III

Das hier ist der dritte Teil einer Reihe über das erstaunliche Ausmass der Verdummung und Verrohung unter demjenigen Teil der früheren antideutschen Szene, der auf den Namen der Zeitschrift Bahamas hört. Das erstaunliche daran ist, dass sich die Verdummung nicht auf diesen Teil beschränkt. Auch solche Gruppen (früher traten solche Leute unweigerlich in Gruppen auf), die sich vor Jahren anlässlich des „Existenzialismus-Streits“ (fragt mich erst gar nicht, was das ist) von der Bahamas getrennt hatten, nehmen im grossen und ganzen an dieser Tendenz Teil. Die früher mal als szeneorthodox anerkannte Prodomo zum Beispiel fühlte sich bemüssigt, eine neue Ausgabe zu veranstalten, die gerade so vernagelt und fanatisch auf dem früher gemeinsamen Hausthema herumritt, nämlich „dem Islam“, wie früher. So, als hätte sich nicht schon 2011 herausgestellt, wie wenig man gemeinsam hat, mit den bekannten ergötzlichen Folgen.

Trotzdem waren „die Kölner“ dem Vernehmen nach enttäuscht, dass sie, als bestimmte Disagreements laut wurden, von „den Berlinern“ behandelt wurden, „als wären sie aus einer Sekte ausgetreten“, wie es einer ihrer grossen Leute formuliert hatte. Naja, wo dachten sie denn, dass sie wären? Im übrig gebliebenen kleiner und irrer gewordenen Szenesumpf radikalisierten sich die dummen Ideen, die die Leute in den Köpfen hatten, natürlich schneller weiter als ausserhalb des eingeschworenen Zwangszusammenhangs der Sekte, aber waren es nicht, liebe „Kölner“, doch die gemeinsamen dummen Ideen?

Ich z.B. verstehe eigentlich nicht, dass die Entwicklung der Bahamiten seit der Wahl Trumps offenbar als neue Eskalationsstufe wahrgenommen wird. Der Wahnsinn hat doch schon bedeutend früher begonnen, vielleicht 2005, wer weiss das schon. Es sind nur die ausgestiegenen Opfer der immer erneuten und immer irreren Säuberungsbewegungen, die es vollkommen richtig fanden, was bis zum Tag ihrer Ausstossung getrieben worden ist, und die völlig verständnislos vor der konsequenten Fortführung stehen. 2017 scheint viel von der dazugehörenden Abrechnungsliteratur produziert worden zu sein, von beiden Seiten; ob das ein gutes Zeichen ist, hängt davon ab, ob man glaubt, spät wäre besser als nie. Ich glaube das nicht.

„Die Kölner“ haben hier offenbar ihren Anteil an dieser Literatur hinterlassen: Ein fiktiver Dialog, absolutes Hefegespräch, nur die Personennamen sind echt und die Sätze, die gesagt werden; ein konfuser Haufen Trottel, Linke, Antideutsche, Ex-Antideutsche und Leute, bei denen man sich fragt, wo man die denn überhaupt her aufgetrieben hat. Die reden dann über die Lage nach Trump aneinander vorbei ganz genauso fokussiert, wie man das vor Trump schon kannte, aber es schwebt etwas von Vergeblichkeit und Trennung im Raum – vielleicht der Heilige Geist? Zum Schluss heisst es:

GWG: Dies scheint mir ein gutes Schlusswort zu sein. Vielen Dank für die erhellenden Antworten.

Ob den „Kölnern“ es klar ist oder nicht, aber nach Seiten auf Seiten dieses völlig vom Fisch bespuckten Geschwätzes von Leuten, die nichts miteinander zu tun haben können, in Zeiten, die keiner von ihnen versteht, kann dieser Satz, wenn man ihn teilnahmslos und unbefangen liest, nicht anders verstanden werden als eine Auflösungserklärung. Nur unter dieser Voraussetzung: dass klar wird, dass es gemeinsam nicht weitergeht, sind diese Antworten nämlich in irgendeiner Weise „erhellend“.

Warum nur fällt mir der Satz ein: „So long, and Thanks for all the Bullshit?“

Man kann nun, und das dürfte die Hauptschwierikeit der „anderen“ mit den Bahamiten sein, kaum einfach aussteigen, an einer vollkommen zufälligen Stelle Gefolgschaft und Konsequenz aufkündigen, und dann nicht vom dem Wahnsinnszug überrollt werden, den man mit in Gang gesetzt hat. Man müsste schon mindestens die früher geteilten Grundlagen in Frage stellen, man müsste vielleicht zum ersten Mal treiben, was man immer nur geglaubt hat zu betreiben, nämlich Ideologiekritik.

Ist die „Islamkritik“, wie sie betrieben wird, wirklich im Grundsatz i.O., wird nur aus irgendwelchen Gründen übertrieben? Ist die Unterscheidung in den guten, liberalen Leviathan und seinen bösen Zwilling Behemoth, mit dem er behauptet, nichts zu tun zu haben, nicht vielleicht so oberflächlich wie ein aufgeklebter Schnurrbart?

Das ist ein Prozess, den ich euch nicht ersparen kann, der euch weh tun wird, der aber nötig ist. Es ist einfach ungesund: Vor ein paar Jahren nahm die antideutsche Szene ohne grosse Regung hin, dass einer ihrer hauptsächlichsten Prediger, subjektiv übrigens völlig konsequent, einen ganz ähnlichen Weg begonnen hat, der ihn dann zu einem der Propagandahauptleute der heutigen Rechten machte. Wieso ist das für die antideutsche Linke nicht Anlass gewesen, nachzudenken, wie das passieren konnte?

Überläufer gibt es immer, sagte man schulterzuckend, aber wenn von den anderen Linken jemand zu den Nazis übergeht, dann heisst es: sieht mans mal wieder. Aber Elsässer, das hat mysteriöserweise nichts mit „uns“ zu tun, nichts mit Gremliza, nichts mit der Jungle World und ihrem Milieu. Nein, die schreiben doch ganz andere Sachen! Aber vielleicht ist das auch so oberflächlich wie ein aufgeklebter Schnurrbart.