von Seepferd
Nach dem langen Überlegen, ob es sich denn überhaupt lohnt, darauf einzugehen; ob es überhaupt Sinn macht, solche Sachen noch zu erklären. Es schadet nicht dem besagten Nahost-Experten nicht mehr als der Antizionismus-Vorwurf letztens, der aus der bekannten Ecke kam. Das Hündchenrudel, der den Experten daraufhin angefallen hat, soll sich künftig vorsehen. Es kann ihm jede Zeit genauso ergehen, denn die „Ideologiekritiker“ (und „-kritikerInnen“, wenn Paulette Gensler schon darauf besteht) verhalten sich nicht anders als der von ihnen kritisierte Zusammenschluss von Einzigen bei Max Stirner, als die Formierung des Kritikers zur Bande, als ein Raket nämlich. Und dieses wird jeden (und jede, wenn Paulette Gensler schon darauf besteht), der/die gestern noch dabei war, unter die Räder werfen, wenn es die heutige Geschäftslage erfordert.
Wir aber wollen nicht von der Osten-Sacken an die Pelle rücken, sondern der „Szene“ und ihrer Presse. Denn die „Rufschädigung“ habe er „ganz selbstständig in eigener Sache betrieben“, wie man so schreibt. In der Tat. Es ist vor ein paar Tagen ein interessanter Text auf mena-watch.com und auf dem Blog der jungle world erschienen – wie soll man es überhaupt bezeichnen? – über „das Ende der Revolution“ im Iran.
In einem aber liegt die Daily Mail ganz falsch, wenn sie ihren Artikel so betitelt: ‚Revolution is coming‘. Nein, was immer im Iran geschehen mag, eine Revolution wird es nicht sein, wenn Menschen für ‚ „Meinungsfreiheit und Frauenrechte“ auf die Straße gehen. Vielmehr handelt es sich darum, eine Revolution, die islamische von 1979, zu beenden, wie Amir Taheri schon im Jahre 2009 richtig bemerkte. Und nichts bräuchte der Iran dringender als ein Ende dieser Revolution mit all ihren fatalen Folgen.
Davon abgesehen, dass der besagte Experte die Klassenzusammensetzung bei den Geschehenissen von 1979 und 2009 komplett ignoriert; die Frage umgeht, ob eine bürgerlich-demokratische Revolution ohne das, was man früher als das Proletariat bezeichnet hat, jemals funktionieren und erfolgreich werden konnte; ob das, was sich im Iran anbahnt, im bürgerlich-demokratischen Rahmen verbleiben und seine Erfüllung finden kann. Er kauft nämlich der klerikal-faschistischen Gegenrevolution ihre Selbstbezeichnung als Revolution (wenn auch nur „islamische“) ohne Widerrede ab.
Diese „Meinungsfreiheit und Frauenrechte“, sind kein Normalzustand, keine Einrichtung der Welt, die man per default hat und die erst durch Revolutionen und andere Katastrophen gestört wird. Sie sind selbst revolutionären Ursprungs, eine Störung des bisherigen Weltlaufs. Dass es nicht einer Revolutionierung aller Verhältnisse in der iranischen (und nicht nur; ist es vielleicht wieder Zeit sich mit Trotzkis Konzeption der permanenten Revolution zu beschäftigen, hm?) Gesellschaft, sondern einer Beendigung jeglicher umstürzlerischen Tätigkeiten bedarf, mag die Position von der Osten-Sackens sein. Ähnliche Aversionen gegen revolutionäre Umwälzungen wurden allerdings auch auf der Bahamas-Konferenz Dezember 2017 in Halle verlautbart.
Was man aber von der Osten-Sacken zugutehalten kann, ist, dass er mit unnötigen Horkheimerzitaten nicht um sich wirft. Weder mit dem von einem wahren Konservativen, der eher einem wahren Revolutionären verwandt ist (findet man sinngemäß auch bei Paul Goodman btw), noch mit dem vom Kommunismus, an dem man umso fester hält, je unrealistischer dieser wird. Mit diesem „Kommunismus“ gehen mittlerweile Leute hausieren, die sich jeglicher kommunistischen Sache längst versagt haben, wenn sie ihre noch trotteligere Generika von Hate Speech Antifa maßregeln. So ein „Kommunismus“ lässt sich bequem in der Ecke abstellen, muss nicht gefüttert werden und verlangt nicht nach seiner Verwirklichung, weil er abstrakt ist, weil dem Zitatenkasten entnommen ist.
Und nun die Gewinnfrage, warum – von der Vorliebe für Horkheimerzitaten abgesehen – vertragen sich Bahamiten mit von der Osten-Sacken nicht? Ist die Frage Ihnen „existenziell“ genug? Schreiben Sie uns und gewinnen Sie tolle Preise!